Wie viel vom eigenen Wohntraum hat auf einem gerade einmal 440 Quadratmeter großen Grundstück mitten im dicht verbauten Siedlungsgebiet Platz? Das war die große Frage, mit der sich der Bauherr dieses Projekts im März 2014 an seinen ehemaligen Schulfreund, den mittlerweile in Wien beheimateten Architekten Georg Nothdurfter, wandte. „Die Familie erwarb das Grundstück im Ortszentrum von Sand in Taufers, weil es ihr im eigenen Büro- und Wohnhaus nebenan, keine zehn Meter vom Baugrund entfernt, einfach zu eng wurde, als sich das zweite Kind ankündigte“, erzählt der Planer. „Es ging von Anfang an um die Frage: Wie können wir in dieser Urbanität ein Maximum an Ausblick auf die Berge rundherum sicherstellen und gleichzeitig den Nachbarn möglichst wenig Einblick bieten?“, sagt er. Das Vertrauen seines Auftraggebers hatte er dabei von Beginn an, „weil er mich und meine Arbeit kannte und ihm meine Art gefiel, mit lokalen Materialien zu arbeiten und diese so unbehandelt wie nur möglich einzusetzen.“
Dass hier mit natürlichen Materialien gebaut werden sollte, war also klar. Der Rest waren acht Monate Tüftelei: Gewünscht waren neben dem für eine vierköpfige Familie üblichen Raumprogramm ein eigener Musik- und Hobbyraum mit separatem Hauseingang für die Hausherrin sowie eine großzügige Garage für die vierrädrigen Sammlerstücke der Bewohner. „Ich habe einfach drauflosgearbeitet, um zu zeigen, was auf dem Grundstück möglich ist, und habe dabei vor allem auf Sichtbeziehungen geachtet“, sagt der Planer. Mit der Idee, in der Mitte des Grundstücks eine nach Süden hin ausgerichtete Terrasse zu schaffen, um die herum L-förmig die Wohnräume angeordnet sind, stieß er sofort auf Begeisterung. Das war sozusagen die Basis, auf die aufgebaut wurde.
Dass sich das Gebäude gegen Norden hin möglichst kompakt und geschlossen geben musste, lag auf der Hand: „Wer die geografischen Gegebenheiten kennt, weiß: Die Kälte kommt hier vom Alpenhauptkamm im Norden.“ Folgerichtig wurden der Treppenhausturm und alle Technik- und Sekundärräume nordseitig positioniert. Das Gebäude stemmt sich auf dieser Seite über drei Geschoße mit einer weitgehend fensterlosen Fassade aus Cortenstahl gegen Wind und Wetter, während es sich südseitig mit viel Glas der Sonne öffnet. Naturholz, Putzoberflächen und Trockensteinmauern zeigen gartenseitig, dass das Projekt auch etwas mit dem Wunsch nach einem Bauernhaus zu tun hat.
Das Naturholz darf dabei ruhig verwittern, aber möglichst nicht ergrauen. „Es soll mit der Zeit immer goldiger werden“, sagt der Architekt. Das passiere, wenn Lärchenholz zwar der Sonne ausgesetzt ist, nicht aber dem Regen, weshalb konstruktiver Holzschutz mit Vordächern und überdachte Balkone so wichtig seien.
Am eindrucksvollsten erlebbar ist das Wohnkonzept im L-förmigen Erdgeschoß mit der Natursteinterrasse. Hier befinden sich Wohn-, Koch-, Ess- und Eingangsbereich. Raumhohe, schwellenlose Glasschiebetüren und Glasfixelemente, die über das Eck laufen, ermöglichen Blickbeziehungen zwischen den Innenräumen sowie zwischen Außen- und Innenbereich. Umgeben von einem hohen, blickdichten Zaun, fühlt man sich geborgen und sicher. „Das Erdgeschoß erinnert in seiner Typologie auch eher an ein Patiohaus als an ein frei stehendes Einfamilienhaus“, sagt Nothdurfter. Im Obergeschoß mit den Schlafräumen sorgen hölzerne Schiebeelemente auf der Loggia für genügend Privatsphäre. Und der lichtdurchflutete Musikraum im Untergeschoß ist ohnehin eine Klasse für sich.