Es ist nicht lange her, da musste vor dem Hotel Sacher öfter die Polizei einschreiten, weil niemand mehr an den Touristenschlangen vor den Cafés vorbei passte. Seit Corona ist das passe und das Passieren kein Problem. Im Sacher-Salon sind die roten Vorhänge heruntergelassen. Geschlossen. Die Gäste, die ein Stück Original der Torte im feinen Ambiente des Traditionshauses genießen wollen, finden auch im Cafe genug freie Sessel. Es ist gut gefüllt, einen der begehrten Fensterplätze mit Aussicht gibt es nicht – der Haltestreifen vor dem Hotel war Wiens beste Adresse für die Perlen der Fünf-Sterne-Autoindustrie.

Das Cafe mit seinem gemütlichen Getriebe wirkt wie eine Rettungsinsel in dem großen Haus. In der „Halle“, der berühmten Lobby des Hotels, dehnt sich bereits die Stille aus. Von hier zweigen die verwinkelten Gänge in die eleganten Speisesalons und Bars ab. Sie liegen mit ihrer üppigen Pracht dunkel im Dornröschenschlaf.

Sacher-Chef Winkler: Keine Besserung in Sicht

Matthias Winkler, Chef der Sacher-Gruppe, die mit weiteren Hotels, Restaurants und Cafés 100 Millionen Euro Umsatz geplant hatte, schenkt reinen Wein ein: „Wir haben nur zehn bis 15 Prozent unserer normalen Zimmerumsätze und weniger als 50 Prozent der Gastroumsätze. Die Lage der Spitzenhotellerie ist ernst und es gibt keinerlei Anhaltspunkte für Verbesserungen.“ Alle 700 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit.

Das „Bristol“ nebenan, ebenfalls Teil der Gruppe, sollte 2021 um 60 Millionen Euro erneuert werden. „Das können wir uns jetzt nicht leisten,“ so Winkler. „Das werden drei bis vier sehr harte Jahre.“ Jetzt wird geworben - mit Preisen von 333, 444 oder 555 Euro für die schönen Zimmer und Suiten im Sacher, einem der "Leading Hotels of the world".

Cafe im „Schani“
Cafe im „Schani“ © KK

Viele Fünfsterne-Hotels seien nicht einmal zu zehn Prozent ausgelastet, sagt Michaela Reitterer, Präsidentin des Österreichischen Hotelierverbandes. Für alle Kategorien gelte, dass der Boom, „bei dem viele Monopoly gespielt haben“, aus sei. „Hoffentlich werden die Neuprojekte überdacht,“ so Reitterer. 12.000 neue Hotelbetten waren in Planung. Nun werden viele der 68.000 vorhandenen Betten länger nicht belegt sein.

Außergewöhnliche Hotels, die nicht im Luxussegment angesiedelt sind, dürften deutlich besser als Nobelherbergen ausgelastet sein. Von rentablem Betrieb sind aber auch sie weit entfernt. „35 Prozent im Juli waren nicht schlecht,“ sagt Reitterer über ihr Öko-Boutiquehotel Stadthalle angesichts der darniederliegenden Branche. "In Wien hatte die Hälfte der Hotels bis August nicht einmal aufgesperrt," erzählt sie.

"magdas": Idylle mit Ablaufdatum

Sogar auf fast 40 Prozent Auslastung kommt das „magdas“, Wiens ungewöhnlichstes Hotel. 2015 von der Caritas als social business initiiert, beschäftigt es anerkannte Flüchtlinge. Die bunte Herberge mit Upcycling-Mobiliar genießt längst einen gewissen Kultstatus.

Der „magdas“-Gastgarten ist immer gesteckt voll, was Chefin Gabriela Sonnleitner freut. „Sorgen macht mir der September, es gibt keine Vorausbuchungen.“ Für die Idylle am Prater tickt überhaupt die Uhr, unabhängig von der Corona-Pandemie. Die Flächenwidmung sieht hier nämlich kein Hotel vor. Pläne für ein neues „magdas“ in einem alten Priesterwohnheim wurden gerade präsentiert. Es wird aber mit einem Bezug zu seiner Geschichte ganz anders ausgerichtet, als Ort des Rückzugs. Sonnleitner hofft trotz Corona noch auf die Weiterführung auch am Prater und ist überzeugt: „Wien würde beide magdas vertragen.“

Ein "Schani" kommt selten allein

Nie geschlossen war das „Schani“ beim Hauptbahnhof. Manager Matthias Marth erinnert sich an stillgelegte Stockwerke im Lockdown. Er geisterte durch leere Gänge im Stromsparmodus. "Da war mir schon etwas mulmig." Inzwischen seien oft schon die Hälfte der Zimmer voll.

Das „Schani“ gehört einer Ottakringer Familie, die bis zur Eröffnung des Schani nur ein sehr kleines Hotel am Wilhelminenberg hatte. Mit Forschern des deutschen Fraunhofer-Instituts entwickelten sie ein digital integriertes neues Hotel-Konzept, eröffnete ein Boutique-Hotel an der Mariahilfer Straße und expandiert mit einem "Schani" nach München - und hält trotz Corona an den Plänen fest.

„Wir haben eine Vorreiterrolle in der Hotellerie 2.0,“ so Marth. Check-in am Handy, Tablets gibt es dafür auch noch - integriert in den Tresen des im Grätzl beliebten Cafés unweit des Hauptbahnhofs. Es gibt keine Rezeption mehr, aber eine offene Co-Working-Zone. Die ist ausgebucht. Schließlich ermöglicht sie einem im „Schani“ sogar eine echte Firmenadresse.