Die USA ziehen die Daumenschrauben gegen den Iran weiter an. Ein umfangreiches Paket an Sanktionen, das während der US-Mitgliedschaft im Atomabkommen drei Jahre lang ausgesetzt war, ist seit einem halben Jahr wieder in Kraft. Am Donnerstag laufen auch Ausnahmegenehmigungen für die letzten acht Länder aus - darunter Irans größte Öl-Exportländer wie China und Indien.

Mit anderen Worten: Wer Öl aus dem Iran kauft, kann praktisch nicht mehr mit US-Firmen in Geschäftsbeziehungen stehen. Es würde massive Strafen hageln - nicht nur für die US-Geschäftspartner. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem außenpolitischen Manöver Washingtons, das erhebliche wirtschaftliche und sicherheitspolitische Risiken birgt.

Was bedeutet der Verzicht auf iranisches Öl für die Weltmärkte?

Die Furcht ist, dass der Ölpreis nach oben geht, weil die verfügbare Menge verknappt wird - auch wenn sich die USA, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zu höheren Liefermengen verpflichtet haben. Hohe Ölpreise gelten allgemein als Hemmnis für die Volkswirtschaften. Allerdings weist US-Außenminister Mike Pompeo auch darauf hin, dass der Ölpreis heute nicht höher ist als im November 2018, als die USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen sind und in den vergangenen sechs Monaten viele Länder auf iranisches Öl verzichtet oder zumindest ihre Importe zurückgefahren haben. Sollte es allerdings zu einer Seeblockade kommen, wäre eine Ölkrise wohl unabwendbar.

Was wollen die USA mit der wirtschaftlichen Isolierung des Iran bezwecken?

Die USA und ihre engen Verbündeten Israel und Saudi-Arabien halten Teheran für einen Förderer des internationalen Terrorismus. Bei der Hisbollah im Libanon oder der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen habe der Iran genauso seine Finger im Spiel wie im syrischen Bürgerkrieg und im Jemen. Sie glauben auch, dass der Iran eine Atomwaffe entwickeln könnte - was internationale Experten allerdings stark bezweifeln. "Zu denken, dass der Iran bald in der Lage sein könnte, eine Atombombe zu bauen, ist sehr eigenartig", sagte etwa vor kurzem der EU-Botschafter in den USA, Stavros Lambrinidis.

Was sind die Optionen des Iran?

"Wir können Diplomatie und wir können Krieg", sagt Irans Präsident Hassan Rouhani. Der diplomatische Kanal - auch zu den USA - solle weiterhin offen bleiben. Ansonsten könnte der Iran aus dem Atomabkommen, das ohne die USA noch mit China, Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien besteht, aussteigen. Im Extremfall auch aus dem Atomwaffensperrvertrag. Handelspolitisch könnten die iranischen Revolutionsgarden die Straße von Hormuz als wichtigsten Ölhandels-Seeweg der Welt - dicht machen. Das wäre ein schwerer Schlag für den internationalen Ölhandel und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit in militärische Auseinandersetzungen münden.

Welche Länder sind von dem Importverbot besonders betroffen?

Für die meisten Länder stellten Importe aus dem Iran nur einen kleinen Teil innerhalb ihres Energiemixes dar, der vergleichsweise leicht ersetzt werden konnte. Schwieriger ist es etwa für die Türkei, China und Indien. China ist der größte Abnehmer iranischen Öls und bezog vergangenes Jahr 29 Millionen Tonnen - etwa sechs Prozent seines Ölbedarfs. Die Türkei kaufte 2017 sogar 45 Prozent des importierten Rohöls - oder 240 000 Barrel (je 159 Liter) pro Tag - vom Iran. Auch für Indien war iranisches Öl bisher wichtig. Das 1,3-Milliarden-Einwohner-Land deckt 80 Prozent seines Ölbedarfs durch Importe. Der Iran ist drittgrößter Lieferant.

Wird es Widerstand gegen die Öl-Sperre der USA geben?

Das ist zu erwarten. Von den acht Ländern sind Griechenland, Italien und Taiwan bereits seit einiger Zeit auf US-Linie. Indien hat sich nicht eindeutig geäußert, ist aber auf gute Beziehungen zu den USA - als Gegengewicht zur asiatischen Regionalmacht China - angewiesen. Südkorea und Japan waren zuletzt noch in Verhandlungen mit den USA. Südkorea bezieht aus dem Iran vor allem Kondensat. Bleiben die Türkei und China: Von dort ist heftiger Gegenwind zu erwarten.

Haben sich die beiden Länder schon positioniert?

In der Türkei gibt es noch Verhandlungen mit den USA, wie Präsidentensprecher Ibrahim Kalin vergangene Woche sagte. Ferner gibt es Bestrebungen, das Sanktionssystem gemeinsam mit dem Iran zu umgehen. Das könnte etwa über Tauschgeschäfte oder Währungen unabhängig vom US-Dollar laufen, wie zum Beispiel mit Euro oder auch Gold. Wie das in der Praxis aussehen kann, ohne die sowieso schon angespannten Beziehungen zu den USA zu gefährden, ist unklar. Allerdings hat die Türkei gleichzeitig schon seit Ankündigung der Sanktionen ihre Rohöl-Käufe aus dem Iran zurückgefahren - insgesamt um über die Hälfte seit dem Mai 2018, sagen Experten.

Aus China kommt noch deutlichere Gegenwehr: "Unsere Kooperation mit dem Iran ist offen, transparent, rechtmäßig und legitim und sollte deswegen respektiert werden", sagt ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. "Unsere Regierung ist entschlossen, die legitimen Rechte und Interessen chinesischer Unternehmen aufrechtzuerhalten, und wird eine positive und konstruktive Rolle spielen, die Stabilität des weltweiten Energiemarktes zu wahren." Experten vermuten, dass China seine Importe aus dem Iran reduzieren wird, aber nicht völlig einstellen.

Was können die USA dagegen tun?

Es muss sich zeigen, wie wirksam die USA dagegen vorgehen können - zudem sie sowohl mit China als auch mit der Türkei in schwierigen anderweitigen Verhandlungen stecken. US-Außenminister Pompeo glaubt offiziell nicht, dass das Iran-Thema etwa die derzeit laufenden Handelsgespräche mit China überschatten können. "Wir hatten viele Gespräche mit China über dieses Thema. Ich bin zuversichtlich, dass die Handelsgespräche ihren natürlichen Gang gehen", sagte Pompeo jüngst der Nachrichtenseite "The Hill".

Gibt es auch für die USA Risiken?

Ja. Wenn China als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sich querstellt und auch die USA nicht einlenken, könnten etwa großen chinesischen Staatsunternehmen Sanktionen drohen. So müssten die USA entscheiden, ob chinesische Banken vom US-Finanzsystem ausgeschlossen werden. Das könnte unbeabsichtigte Folgen für die Wirtschaftskooperation haben. Die USA haben hohe Schulden in China und sind in vielen politischen und wirtschaftlichen Belangen auf die Kooperation Pekings angewiesen. Mit der Türkei liegen die USA etwa bei der Frage überkreuz, ob der NATO-Partner Türkei ein russisches Raketenabwehrsystem kaufen sollte. Ein zusätzliches Streitthema ist da nicht willkommen.