Die Streiks breiten sich wie ein Flächenbrand aus und die US-amerikanische Gewerkschaft UAW mit 150.000 Mitgliedern erhöht weiter den Druck. Nicht nur, dass man erstmals parallel die Werke der drei großen US-Autokonzerne GM, Ford und Jeep/Chrysler (Mutterkonzern Stellantis) bestreikt, jetzt hat man auch Beschäftigte in 38 Verteilzentren für Bauteile aufgerufen, die Arbeit niederzulegen.

UAW-Chef Shawn Fain betonte, man sei zu allem entschlossen und werde die Streiks durchhalten. Auf alle Fälle einen Tag länger als die Autohersteller, um alle Forderungen durchzusetzen. Die Gewerkschaft verfügt über eine Streikkasse in der Höhe von 825 Millionen Dollar.

36 Prozent Gehaltserhöhung

Ursprünglich forderte die UAW eine Gehaltserhöhung von 40 Prozent. Begründung: Um dieses Ausmaß stiegen die Vergütungen für das Management der US-Autobauer. Als Kompromiss hat sich die Gewerkschaft jetzt auf eine Lohnerhöhung in der Höhe von 36 Prozent konzentriert, verteilt auf viereinhalb Jahre. Die Arbeitgeber bieten 20 Prozent.

Die hohe Inflation und die guten Gewinnerwartungen der US-Autokonzerne lassen der Gewerkschaft keine andere Wahl, heißt es. Aber je länger der Streik dauert, desto weiter verschärft sich die Preisspirale bei den Autos. Marktanalysten sprechen angesichts drohender monatelanger Streiks außerdem von einer bevorstehenden Rezession für die US-Wirtschaft. Die Autoindustrie spiele eine so wichtige Rolle für das Land, dass die Auswirkungen landesweiter Streiks verheerend wären. Die US-Wirtschaft sei aktuell nicht in der Lage, so eine Belastung zu verkraften.

Viertagewoche, 32 Stunden Arbeitszeit

Die Gewerkschaft bleibt trotzdem hart und fordert zusätzlich eine Viertagewoche mit 32-Stunden-Arbeitszeit sowie Sozialleistungen, die während der Coronapandemie eingeschränkt worden waren und Tarifverträge in jenen Werken, in denen die E-Fahrzeuge hergestellt werden. Jene Werke, die die US-Hersteller mit asiatischen Batterieherstellern planen, sollen auch gewerkschaftskonforme Tarifverträge erhalten. Übrigens: Der offizielle Basislohn am Fließband stagniert bei 17 Dollar pro Stunde.

Die Arbeitgeber wollen auf dieses Gesamtpaket der Gewerkschaft nicht eingehen. Man brauche die Gewinne für die Transformation bei den Antrieben und für Investitionen in die E-Mobilität. Ford-Chef Jim Farley stellte sogar eine Pleite von Ford in Aussicht, wenn man nachgebe. Die tariffreien Hersteller wie Tesla oder Anbieter aus dem Ausland würden von den Forderungen profitieren, weil sie günstiger produzieren könnten – das sei wettbewerbsverzerrend.

Keine Folgen für Europa

Gewerkschaftschef Shawn Fain richtete dem Ford-Chef umgehend aus, dass er zuletzt im Jahr rund 21 Millionen Dollar verdient hätte. Und dass die Konzerne aktuell prächtige Gewinne schreiben. Die Arbeiter hätten ein Recht, ihren Anteil einzufordern.

Für den europäischen Automarkt habe der Arbeitskampf in den USA derzeit keine Folgen, heißt es aus der Branche.

Biden vs. Trump

Im US-Präsidentschaftswahlkampf werden die Streiks zum Politikum. Präsident Joe Biden besuchte die Streikenden und stellte auf X (vormals Twitter) klar: "Ich fahre nach Michigan, um mich in die Reihe der Streikenden einzureihen."

Für Biden ist es ein gefährliches Spiel, zuletzt hatte er mit umfassenden Steuererleichterungen auch viele ausländische Konzerne (Auto- und Batteriehersteller) in die USA gelockt. Ex-Präsident Donald Trump richtete Biden genüsslich über sein Netzwerk aus: "Biden tötet die Autoarbeiter mit seiner nachgiebigen Haltung gegenüber China und seinem lächerlichen Beharren auf E-Autos."