Es gibt Bewerbungen, die gehen einem ans Herz. So ist es Hubert Schenk und Markus Furtenbacher, dem Geschäftsführer-Duo der "Unser Lagerhaus Warenhandelsgesellschaft", mit dem Schreiben von Iryna Novykova gegangen. Denn die 43-jährige Betriebswirtin schrieb darin, dass es ihr größter Wunsch sei, wieder in ihr eigentliches Berufsfeld zurückzukehren. Allerdings seien ihre bisherigen Bewerbungen seit ihrer Flucht aus der Ukraine nach Kärnten trotz mehrerer Sprachkurse immer wieder an den mangelhaften Deutschkenntnissen gescheitert. Über die Vermittlung der Diakonie gaben die beiden Geschäftsführer der Akademikerin eine Chance und bereuen es nicht. "Es ist schön zu sehen, wie Iryna zu einem Teil unseres Teams geworden ist und jeden Tag besser Deutsch spricht", sagt Schenk.

Mittlerweile arbeitet die Mutter eines 13-jährigen Sohnes und einer dreijährigen Tochter in der Rechnungskontrolle. "Ich kann den Sinn meiner Aufgaben sehr gut verstehen und zu 100 Prozent nachvollziehen. Einzig die sprachliche Barriere ist noch schwierig", berichtet Novykova in einem durch eine Dolmetscherin unterstützten Gespräch. Nach ihrer einwöchigen Flucht kurz nach Kriegsbeginn über Moldawien, Rumänien und Ungarn nach Kärnten haben ihre Kinder, ihr 62-jähriger Mann, der mit gesetzlicher Erlaubnis ausreisen durfte, und sie zuerst in Sittersdorf eine Unterkunft gefunden. "Für uns war klar, dass wir uns sofort eine Arbeit suchen und nicht von der Unterstützung des Staates leben wollen", berichtet Novykova. Sie selbst fand eine Stelle als Reinigungskraft in einem Haushalt und später als Küchenhilfe. Ihr Mann arbeitet bei der Schuhmanufaktur Woody.

"Dankbar für die Chance"

Mittlerweile lebt die Familie in einer Klagenfurter Mietwohnung, da dies für den Schul- und Kindergartenbesuch der Kinder einfacher ist. Jeden Tag arbeitet die Betriebswirtin an der Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse, denn: "Mein Ziel ist es, später wieder im Controlling zu arbeiten, aber dafür muss ich mich in der deutschen Sprache noch sehr viel verbessern. Die Aufgabe in der Rechnungskontrolle ist dafür eine sehr gute Übung und ich bin äußerst dankbar für die Chance."

Svitlana Kutsykh hat mittlerweile ebenfalls bei Lagerhaus beruflich Fuß gefasst. Die 25-Jährige, die einen Bachelor als Englisch-Lehrerin und einen Master als Englisch-Dolmetscherin mit Zweitfach Deutsch hat, ist im Kreditmanagement tätig und koordiniert das Mahnwesen. In der Ukraine war sie in der Debitorenbuchhaltung des Transportunternehmens Hegemann beschäftigt. "Ich konnte mir kaum vorstellen, so großes Glück zu haben und eine berufliche Aufgabe zu finden, die meinem Aufgabengebiet in der Ukraine ähnelt", sagt die Ukrainerin, die mit ihrer Mutter, den beiden Brüdern und ihrem Freund vor einem Jahr und zwei Monaten nach Kärnten gekommen ist und nun in Friesach lebt.

Ihre Heimat zu verlassen, ist ihr sehr schwergefallen, doch der Einmarsch der russischen Truppen in Saporischschja mit 500 Panzern habe ihrer Familie kaum eine Wahl gelassen. Allerdings sind die Großeltern in der Region geblieben, weil sie sich ein Leben in einem anderen Land nicht vorstellen konnten. Die Gedanken an das verlorene Zuhause tun weh: "Ich versuche einfach nicht daran zu denken, dass ich heimatlos bin." Ihr berufliches Ziel sei, bei der Arbeit immer besser zu werden. Ob sie jemals nach Saporischschja zurückkehren könne, sei ungewiss. Heimisch fühle sie sich aber auch in Kärnten, wenn sie Bäume und Pflanzen sieht, die auch in der Ukraine wachsen.