Angesichts der hohen Inflation trifft Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) am Freitagvormittag Vertreter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und eine Runde von Wettbewerbsökonomen. Der Termin sei aber nicht medienöffentlich und danach gebe es kein Statement aufgrund der Sondersitzung zur Teuerung im Parlament, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium auf APA-Anfrage.

Neben der angedrohten Gewinnabnahme bei Energiekonzernen und einem Lebensmittel-Transparenzbericht haben Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gestern nach dem Ministerrat außerdem angekündigt, dass das Wirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit Wettbewerbsökonomen und der BWB für den Lebensmittelsektor einen Vorschlag für weitere Transparenzmaßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs erarbeiten soll.

Einkaufspreise von 15 verschiedenen Lebensmitteln

Vertreter aus dem Handel zeigten sich am Mittwoch erfreut, dass die Regierung die Energiepreise als eigentliches Problem der hohen Teuerung sieht und nicht die Lebensmittelpreise. "Endlich versucht die Bundesregierung, an der Wurzel der Inflation anzusetzen, bei den galoppierenden Energiekosten und bei den Gebühren im öffentlichen Bereich", sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Handelsobmann Rainer Trefelik ist skeptisch, ob die Gewinnabschöpfung von Energiekonzernen den Anreiz habe, die Preise runterzubringen.

Dass der Handel die Einkaufspreise veröffentlichen soll, ist nicht neu. Diese würden schon jetzt der AMA gemeldet, so Trefelik im Gespräch mit der APA am Mittwoch. Der Lebensmittelhandel meldet bereits heute auf Basis der Agrarmarkt-Transparenz-Verordnung die Einkaufspreise von 15 verschiedenen Lebensmitteln aus sieben verschiedenen Warengruppen an die AMA. Dazu zählen Butter, Käse, Fleisch, Geflügel, Zucker, Mehl und verschiedene Obstsorten.

Lebensmittel-Transparenzbericht geplant

Die Regierung wird künftig regelmäßig in einem Lebensmittel-Transparenzbericht die Einkaufspreise des Lebensmittelhandels anhand definierter Lebensmittel veröffentlichen. Der Handelsvertreter stört sich daran, dass dies vom Handel gefordert wird, nicht aber von der Landwirtschaft oder den Zwischenverarbeitern. Die ganze Kette müsste angeschaut werden. "Die Frage ist allerdings, was hat der Konsument davon?", so Trefelik.

Die hohen Lebensmittelpreise haben zuletzt die Wogen hochgehen lassen, wobei insbesondere der Lebensmittelhandel am Pranger stand. Trefelik appellierte an die Finanzbildung der Menschen und merkte an, dass dem Handel nicht die Differenz aus Verkaufspreis minus Einkaufspreis bleibe. "Diese Rechnung stimmt einfach nicht." Für den Handel bleibe die aktuelle Kostenentwicklung ebenso wie für die Gesamtbevölkerung eine massive Herausforderung, sagte Will vom Handelsverband. "Wir sitzen hier alle im selben Boot."

Im März verteuerten sich Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke in Österreich im Schnitt nach HVPI-Berechnung um 14,6 Prozent. In der Eurozone belief sich der Anstieg auf 17,9 Prozent und in Deutschland auf 22,9 Prozent.

Groß angelegte Untersuchung gestartet

Die BWB hat wegen der Preisentwicklungen in der Lebensmittelbranche vergangenen Herbst eine groß angelegte Untersuchung gestartet. Ende Oktober will die Behörde die Ergebnisse veröffentlichen. Die Wettbewerbshüter untersuchen, ob in bestimmten Produktbereichen Wettbewerbsprobleme vorhanden sind, die zu höheren Preisen führen, und wohin die Preissteigerungen geflossen sind.

Weitere Themen der Untersuchung sind laut BWB unter anderem potenzielle Markteintrittsbarrieren für neue Wettbewerber, der Einfluss von Preis-Algorithmen oder die Auswirkung von Eigenmarken auf die Marktentwicklung. Mitte März erging eine Online-Befragung an 1500 Lieferanten der vier größten österreichischen Lebensmitteleinzelhändler. Die Hälfte der Unternehmen hat die Fragen der Wettbewerbshüter bisher beantwortet.

Die drei größten Lebensmitteleinzelhändler, Spar, Rewe und Hofer, nahmen laut dem Marktforscher RegioData zusammen zuletzt etwa 84 Prozent des gesamten Marktes ein. Inkludiert man die Nummer vier und fünf, Lidl und M-Preis, kommt der Lebensmittelhandel auf einen Konzentrationsgrad von 95 Prozent.

Die Regierung hat nach dem Ministerrat am Mittwoch auch mehr Transparenz gegen Lebensmittelverschwendung angekündigt. Der Lebensmittelhandel muss künftig ausweisen, welche Mengen an Lebensmitteln als Sachspenden an gemeinnützige Organisationen zur Verfügung gestellt werden. Die Menge an vernichteten Lebensmitteln soll künftig auch offengelegt werden. Für die Unterstützung von gemeinnützigen Lebensmittelweitergaben zur Armutsbekämpfung stellt die Regierung zusätzliche Budgetmittel in der Höhe von zehn Millionen Euro zur Verfügung.