Von einem "sehr herausfordernden" Geschäftsjahr sprechen der Generaldirektor der Grazer Wechselseitigen Versicherung (Grawe), Klaus Scheitegel, sowie Othmar Ederer, Vorstandschef der Grawe-Vermögensverwaltung. Die gesamte Gruppe sei "unmittelbar mit der hohen Inflation und den einhergehenden Kostensteigerungen
konfrontiert" gewesen. Auch der starke Zinsanstieg und das damit verbundene Ausnahmejahr an den Kapitalmärkten prägten das abgelaufene Geschäftsjahr. Wirtschaftlich verkraftbar "und mittlerweile auch gänzlich verarbeitet, also bilanziell völlig bereinigt" seien die Entwicklungen rund um das Ukraine-Geschäft, so Scheitegel. Die Grawe-Gruppe ist im vom Krieg erschütterten Land mit zwei Gesellschaften und insgesamt rund 200 Mitarbeitern aktiv. "Emotional ist das nach wie vor sehr belastend." Man stehe weiterhin zum Engagement, habe eine Vielzahl von unternehmenserhaltenden Maßnahmen gesetzt und beteilige sich an zahlreichen Hilfsprojekten. Operativ war man in der Ukraine im Vorjahr mit einer massiven Zunahme von Cyberangriffen konfrontiert, "wir haben die Computersysteme dort vom Netz genommen und sichere Remote-Zugänge geschaffen, damit der Geschäftsbetrieb aufrechterhalten werden konnte", so Scheitegel.

Bilanzsumme und Prämien gewachsen

Die fordernde Lage spiegelt sich auch in den Bilanzzahlen wider. Das Geschäft sei versicherungstechnisch sowohl in der Grawe AG, also in Österreich als auch in der Gruppe (inklusive Auslandsgeschäft, Bankengruppe und Immobilien) gut gelaufen, betonen Scheitegel und Ederer. So konnten die Bilanzsummen auf 3,733 Milliarden Euro (plus 0,5 Prozent) in Österreich gesteigert werden, in der Gesamtgruppe um 2,7 Prozent auf 12,83 Milliarden Euro. Die Prämien haben jeweils im zweistelligen Prozentbereich zugelegt: um 10,5 Prozent auf 767,2 Millionen Euro in der Grawe AG und um 11,5 Prozent auf 1,193 Milliarden Euro in der Gruppe.

Gewinn rückläufig, Eigenkapital gestiegen

Ein Minus gab es aufgrund getätigter Abschreibungen von Kapitalanlagen hingegen beim Gewinn vor Steuern (EGT). In der Grawe AG lag der Rückgang bei 31,9 Prozent auf 49,3 Millionen Euro, in der Gruppe bei minus 21,7 Prozent auf 105,7 Millionen Euro. "Wichtiger als der Gewinn ist für uns aber das Eigenkapital und das hat auch 2022 zugelegt", wird betont. Dieses wurde in der AG um 4,6 Prozent auf 944,5 Millionen Euro gesteigert und in der Grawe-Gruppe um 4,2 Prozent auf 1,78 Milliarden Euro.

2500 Schäden binnen eineinhalb Stunden

Ein negativer Höhepunkt sei im Vorjahr der 18. August gewesen. Ein Korsika-Tief sorgte damals für massive Unwetterschäden in Österreich. Scheitegel betont: Das übliche "Grundrauschen" bei der Grawe belaufe sich pro Tag auf durchschnittlich rund zwei Millionen Euro an Auszahlungen, dieses Sturmtief habe jedoch "innerhalb von nur eineinhalb Stunden rund 2500 Schäden mit einem Volumen von rund 20 Millionen Euro verursacht". Ein Fazit von Scheitegel: "Die Bilanz wird im Sommer vom Wetter gemacht."

"Wir haben diese Chance in Rumänien genützt"

Im internationalen Geschäft sticht unterdessen der rumänische Markt hervor. Dort seien zuletzt große Versicherungskonzerne in Liquidation geschickt worden, "wir haben diese Chance genützt", unterstreicht Ederer. In Rumänien habe man mittlerweile beispielsweise mehr Fahrzeuge als in Österreich versichert. Das osteuropäische Land bleibe weiterhin ein starker Wachstumsmarkt. Eine geografische Erweiterung der Grawe-Märkte sei derzeit kein Thema, weitere Zukäufe auf bestehenden Märkten seien aber denkbar, so Ederer. Die Kundenzahl in der Gesamtgruppe konnte ebenso gesteigert werden (auf 2,068 Millionen) wie die Zahl der verwalteten Versicherungsverträge (um zehn Prozent auf 5,74 Millionen).