Er sehe aktuell keine Hinweise, dass in diesem Bereich der Wettbewerb zu schwach wäre, sagte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) im Gespräch mit dem "Standard". Überhaupt sei der Anstieg der Lebensmittelpreise in Österreich im Europavergleich im Vorjahr unterdurchschnittlich gewesen.

Generell sei es schwierig, in einer Marktwirtschaft von "ungerechtfertigten Preiserhöhungen" zu sprechen. "Wenn jemand die teuer gewordenen Produkte kauft, gibt es die Nachfrage dafür", so der Minister, der aber auch zugesteht, "dass Lebensmittel eine spezifische Kategorie sind und dass sichergestellt werden muss, dass Menschen sie sich auch leisten können, insbesondere Grundnahrungsmittel". Lesen Sie hier über die "Shrinkflation".

Möbel, Tourismus, Neuwagen als Preistreiber?

Die Bezeichnung "Gierflation" lehne er als "Kampfbegriff in der politischen Debatte" ab. Dafür, dass die Inflation deutlich über jener in Deutschland liegt, seien Preisanstiege bei Möbeln, bei Tourismus- und Freizeitdienstleistungen sowie bei Neuwagen verantwortlich. "Wenn man diese drei Produktkategorien herausrechnet, gibt es zu Deutschland praktisch kein Differenzial mehr", so Kocher. Auch das zeige, dass Lebensmittelpreise für den Inflationsunterschied eine geringe Rolle spielen.

Finanzielle Unterstützungen

"Wenn unser einziges Ziel wäre, die Inflation zu reduzieren, dann müsste man ja die Kaufkraft schwächen", so Kocher. Weil man das nicht gewollt habe, habe die Regierung mit finanziellen Unterstützungen gearbeitet. "Dass dadurch auch die Nachfrage angekurbelt wurde und damit auch ein gewisser Druck auf Preise entsteht, ergibt sich automatisch." Solange aber die Inflation nur "ein paar Monate" über jener in Deutschland liege, sehe er kein Problem. "Wenn das über fünf Jahre so gehen würde, wäre das anders."

Wo die Regierung eingreifen kann

Einflussmöglichkeiten sieht Kocher nur wenige: "Die öffentliche Hand kann Gebühren steuern. Insgesamt gibt es nicht so viele Bereiche, wo die Bundesregierung direkt eingreifen kann", sagte er im "Standard". Die höhere Inflation werde natürlich auch bei den Lohnforderungen eine Rolle spielen, "aber Lohnpolitik machen die Sozialpartner. Und es ist nicht so, dass sie unverantwortlich handeln würden."

Energiekosten

Beim neuerlichen Energiekostenzuschuss für Unternehmen setzt Kocher darauf, dass der aktuelle Rückgang der Energiepreise anhält. "Ich gehe davon aus, dass, wenn das so bleibt, der Zuschuss 2023 ohnehin nicht so teuer sein wird", so Kocher. Er verteidigte auch, dass der Zuschuss nicht mehr auf Energieintensität abstelle und damit für den Handel geöffnet wurde. Viele Händler hätten sehr kleine Margen und könnten Energie-Verteuerungen nicht an die Kunden weitergeben, hier gelte es Pleiten zu verhindern. "Die relevante Frage für mich ist nicht, dass man im Nachhinein feststellt, dass es ein paar Firmen gegeben hat, die den Zuschuss vielleicht nicht gebraucht hätten. Für mich war dieser Zuschuss immer eine Art Versicherung für den Fall, dass die Energiekosten massiv anziehen."