"Vor allem in steirischen Grenzregionen kommt es zu Fällen von Lohn- und Sozialdumping, wenn slowenische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf österreichische Baustellen entsendet werden" – dieser Befund war im Jahr 2017 der Ausgangspunkt für das Projekt "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Dafür wurde in Spielfeld, also direkt an der slowenisch-steirischen Grenze, ein eigenes Servicebüro eingerichtet, in dem mehrsprachig, also auch auf Slowenisch und Kroatisch Beratungen für entsendete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchgeführt werden.

Das Projekt, das gemeinsam von der Gewerkschaft Bau-Holz mit finanzieller Unterstützung des Landes Steiermark getragen wurde, würde Ende April enden. GBH-Chef Josef Muchitsch und Projektleiter Andreas Linke, Landesgeschäftsführer der GBH Steiermark, gaben nun aber eine Verlängerung der Initiative über den 1. Mai hinaus bekannt. "Wir als GBH werden das Projekt im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping fortsetzen", sagt Muchitsch. Mit der kroatischen Baugewerkschaft habe man bereits 2022 einen weiteren Projektpartner gewinnen können.

In Spielfeld werden damit weiterhin slowenische und kroatische Arbeitnehmer aus dem gesamten Baubereich, die in Österreich beschäftigt werden, über die richtige Entlohnung sowie Arbeitnehmerrechte – von Arbeitszeiten bis hin zum Arbeitnehmerschutz sowie korrekte Löhne und Sonderzahlungen – informiert.

6000 Beratungen

Dass der Bedarf nach wie vor groß ist, würden auch die bisherigen Zahlen unterstreichen. Mehr als 6000 Beratungen (persönlich, telefonisch oder via E-Mail) habe es seit Projektbeginn gegeben. "Bei insgesamt 815 Interventionen konnte die GBH rund 940.000 Euro für betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erkämpfen", betont Linke.

In 45 Prozent der Fälle sei es zu einer kollektivvertraglichen Unterentlohnung gekommen, bei jedem Fünften, der die Beratung in Anspruch genommen hat, ging es um nicht ausbezahlte Sonderzahlungen. Auch Nichtmeldungen bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse sowie die Nichtentrichtung von BUAK-Zuschlägen waren häufige Beanstandungen.

6000 gefälschte A1-Formulare

Entscheidend sei vielfach der intensive und grenzüberschreitende Austausch mit den Behörden, der auch weiter intensiviert werden soll. Wie krass einige Fälle, die im Zuge des Projekts aufgeflogen sind, waren, untermauert Manuela Rozin, die direkt im Büro in Spielfeld arbeitet. So wurde ein aus Slowenien entsandter Fliesenleger, der auf einer steirischen Baustelle gearbeitet hat, als Lehrling im ersten Lehrjahr angemeldet, "der Betroffene hat sich nach Gesprächen mit Arbeitskollegen auf dieser Baustelle an uns gewandt, nachdem er erkannt hatte, um wie viel mehr seine Kollegen verdienen", berichtet Rozin aus der Praxis.

Auch zahlreiche illegale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf steirischen Baustellen seien aufgrund von erbrachten Hinweisen ausgeforscht und angezeigt worden. Nach wie vor gerichtsanhängig seien zudem Fälle, in denen es zu keiner Bezahlung von Taggeldern und Sonderzahlungen gekommen ist. Allein im Jahr 2021 wurden zudem rund 6000 gefälschte A1-Formulare (meist mit falschen Stempeln versehen) bei entsendeten Arbeitskräften festgestellt. Mit dieser "A1-Bescheinigung" weisen Beschäftigte nach, dass sie bei einer Dienstreise ins europäische Ausland über das Heimatland sozialversichert sind.

"Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping nicht beendet"

2018 wurden 2222 Entsendeunternehmen kontrolliert – gegen 1034 dieser Firmen wurde wegen Unterentlohnung ermittelt, so Linke. Das sei fast jede zweite Firma gewesen. 2022 wurden 2367 Entsendeunternehmen kontrolliert, 589 Ermittlungen wegen Unterentlohnung wurden gestartet, das war rund jede vierte Firma. "Das sind noch immer zu viele, so liegt die Unterentlohnungsquote bei österreichischen Betrieben bei konstant niedrigen 0,8 Prozent. Dennoch zeigt sich, dass das Projekt hier einen wichtigen Beitrag leistet", so Muchitsch.

Es seien Beispiele wie diese, die aufzeigen, "dass der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping noch nicht beendet ist – wir müssen weiterhin alles unternehmen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht ausgenutzt werden und ausländische Firmen unsere heimischen Betriebe nicht mit unfairen Praktiken verdrängen", sagt Muchitsch.