Arbeitnehmer im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich sind am Dienstag auf die Straße gegangen, um in den stockenden Kollektivvertragsverhandlungen für die 130.000 Beschäftigten in der Sozialwirtschaft Druck zu machen. Die Gewerkschaften GPA und vida fordern von den Arbeitgebern eine Gehaltserhöhung um 15 Prozent, diese hatte 7,5 geboten. Rund 3000 Menschen haben laut GPA an einer Demonstration vom Westbahnhof zum Ballhausplatz teilgenommen.

"Es geht um Anerkennung für Menschen, deren Arbeit essenziell ist für den Fortschritt einer menschlichen, sozialen Gesellschaft", sagte Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA bei der Schlusskundgebung vor dem Kanzleramt. "Von politischen Verantwortungsträgern wurde uns versprochen, niemand werde zurückgelassen, koste es was es wolle. Wir sind heute hier, um das auch einzufordern", so Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida.

Umfassender Forderungskatalog

Neben einer Erhöhung der Gehälter um 15 Prozent und mindestens 350 Euro bei einer Vollzeitanstellung fordern die Gewerkschaften eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche ohne Kürzungen der Gehälter, eine bessere Anrechnung von Vordienstzeiten, eine Verdoppelung der Flexibilisierungszuschläge und Zuschläge auf alle Mehrstunden bei Teilzeitanstellungen.

Arbeitgeber: Angebot über dem Metaller-Kollektivvertrag

"Keinen Grund zur Aufregung" sieht indes die Arbeitgeberseite. Man habe sich in den meisten Punkten verständigen können und ein Angebot vorgelegt, das über dem Metaller-Kollektivvertrag liege, betonte der Geschäftsführer der Sozialwirtschaft Österreich und Verhandlungsführer Walter Marschitz in einer Aussendung. Die Verhandlungen werden planmäßig am 16. November fortgesetzt. "Bisher haben wir uns immer noch gefunden", blickt er ihnen optimistisch entgegen. Dass die Arbeitnehmer-Forderung nach 15 Prozent plus nicht erfüllbar sei, stehe für die Arbeitgebervertreter jedoch fest.

"Nach drei Jahren Dauerkrise inklusive Maske und Schutzausrüstung für die meisten Beschäftigten haben sich die Kolleginnen und Kollegen einen guten Abschluss verdient. Unsere Demonstration gilt den Arbeitgebern gleichermaßen wie dem Finanzminister, der den Trägern die Mittel für eine deutliche Gehaltserhöhung zur Verfügung stellen muss", betonte GPA-Chefverhandlerin Eva Scherz. Ziel für die weiteren Verhandlungen sei ein Abschluss deutlich über der Inflationsrate.

"Wir sind streikbereit"

Sollte die nächste Verhandlungsrunde am 16. November kein Ergebnis "weit über 7,5 Prozent" bringen, werden weiter Protestmaßnahmen gesetzt, hieß es von der GPA. "Wir sind streikbereit", so die Rufe der Demoteilnehmer.

Bereits spürbar wurden die gewerkschaftlichen Maßnahmen am Dienstag in den Wiener Ganztagsvolksschulen: Die Nachmittagsbetreuung entfiel wegen Betriebsversammlungen der städtischen Freizeitpädagogen, an Einrichtungen mit verschränktem Angebot endete die Schule um 14 Uhr.

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Samariterbundes Wien im Bereich Wohnen und Soziale Dienste haben am Dienstagnachmittag gestreikt, konkret betraf das etwa Wohneinrichtungen für ehemals obdachlose Menschen. In sensiblen Bereichen der Branche wie etwa der Pflege soll der Betrieb aber aufrecht bleiben, wurde betont.