Die Sorge vor ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland treibt den Gaspreis immer weiter in die Höhe. Der europäische Erdgas-Future zur September-Lieferung stieg am Freitag an der niederländischen Energiebörse in Amsterdam um rund 9 Prozent auf ein Rekordhoch von 340 Euro je Megawattstunde.

Der Terminkontrakt zur Lieferung im Oktober verteuerte sich am Freitag um 3,7 Prozent auf 327,13 Euro je Megawattstunde.

Der russische Exporteur Gazprom hatte angekündigt, die Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 ab dem 31. August wegen Wartungsarbeiten für drei Tage zu unterbrechen. Das nährte Befürchtungen, der ohnehin schon stark gedrosselte Gasfluss aus Russland könnte komplett stoppen. Nach den Wartungsarbeiten sollen den russischen Angaben zufolge täglich wieder 33 Millionen Kubikmeter Erdgas geliefert werden. Das entspricht den 20 Prozent der täglichen Maximalleistung, auf die Russland die Lieferung schon vor einigen Wochen verringert hat.

Experten: Russland fackelt große Mengen an Gas ab

Russland fackelt Experten zufolge angesichts voller Lager und stark verringerter Lieferungen in die EU große Mengen an Erdgas ab. Nahe der finnischen Grenze sei eine riesige orangefarbene Flamme zu sehen, sagten Wissenschafter und Analysten am Freitag. Das norwegische Energieberatungsunternehmen Rystad bezeichnet dies als Umweltkatastrophe.

Russland verbrennt einem BBC-Bericht zufolge riesige Mengen an Erdgas nahe der im Moment kaum noch befüllten Ostseepipeline Nord Stream 1. Die Flamme bei der Kompressorstation Portowaja nordwestlich von Sankt Petersburg ist demnach bis in das benachbarte Finnland und deutlich auf Satellitenbildern zu sehen.
Russland verbrennt einem BBC-Bericht zufolge riesige Mengen an Erdgas nahe der im Moment kaum noch befüllten Ostseepipeline Nord Stream 1. Die Flamme bei der Kompressorstation Portowaja nordwestlich von Sankt Petersburg ist demnach bis in das benachbarte Finnland und deutlich auf Satellitenbildern zu sehen. © AP

Rystad schätzt die in der Atmosphäre abgefackelte Gasmenge auf etwa 0,5 Prozent des Tagesbedarfs der EU. Dort ist der Verbrauch im Zuge der gekürzten Lieferungen zuletzt deutlich gesunken.

Die spektakuläre Fackel ist auf Satellitenbildern nahe Portowaja zu sehen, dem Standort einer Kompressorstation für die Gaspipeline Nord Stream 1, die durch die Ostsee nach Deutschland verläuft. Russland hat die Durchflussmenge von Nord Stream 1 auf 20 Prozent der Kapazität reduziert und plant, die Pipeline nächste Woche für drei Tage abzuschalten. Begründet wird das mit angeblichen Probleme bei der Wartung der Turbinen. Die EU wirft Russland dagegen vor, die ausbleibenden Gaslieferungen zu benutzen, um sich gegen die westlichen Sanktionen wegen der Ukraine zu wehren.

4,34 Millionen Kubikmetern pro Tag

Das Abfackeln ist zwar gängige Praxis in der Öl- und Gasproduktion. Allerdings ist das jetzt beobachtete Ausmaß ungewöhnlich hoch. Experten zufolge sind die russischen Lager voll, weshalb nun große Mengen einfach verbrannt werden. Der russische Energiekonzern Gazprom wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern.

"Die genauen Abfackelmengen sind schwer zu beziffern", schrieben die Analysten von Rystad. "Aber man geht davon aus, dass sie sich auf einem Niveau von etwa 4,34 Millionen Kubikmetern pro Tag bewegen." Dies entspreche auf das Jahr hochgerechnet 1,6 Milliarden Kubikmetern. Das Abfackeln wurde erstmals Anfang des Monats in Finnland, das an Russland grenzt, gemeldet.

Täglich rund 9000 Tonnen CO₂ freigesetzt

Nach Berechnungen von Professor Esa Vakkilainen von der LUT-Universität in Lappeenranta hat Gazprom in den vergangenen zwei Monaten womöglich Gas im Wert von 1.000 Euro pro Stunde verbrannt. Das schädige die Atmosphäre. "Das ist auch ein großes Umweltproblem - vor allem für die Nordpolregion, wo dieser Ruß definitiv einen Einfluss auf die globale Erwärmung hat", sagte der Experte. Das sehen auch die Rystadt-Experten so. "Das Abfackeln ist eine Umweltkatastrophe, bei der täglich rund 9000 Tonnen CO₂ freigesetzt werden", betonten sie.

Klima-Staatssekretärin im deutschen Außenministerium, Jennifer Morgan, hatte kürzlich an Russland appelliert, kein Gas in die Atmosphäre abzulassen. Das wäre "sehr, sehr schädlich", warnte die frühere Greenpeace-Chefin.