Die Lage an der Inflationsfront in den USA hat sich entspannt und lässt Spielraum für eine langsamere Gangart bei den Zinserhöhungen. Die Verbraucherpreise stiegen im Juli um 8,5 Prozent zum Vorjahresmonat, nach einem Zuwachs von 9,1 Prozent im Juni, wie das Arbeitsministerium in Washington am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einem Rückgang auf 8,7 Prozent gerechnet.

Dabei wirkten sich die Benzinpreise dämpfend aus: Die Kraftstoffe kosteten 7,7 Prozent weniger als im Vormonat. Im Juni waren sie noch um 11,2 Prozent gestiegen.

Etappensieg für Fed

Nun kann die US-Notenbank Fed die nachlassende Teuerungsrate als Etappensieg verbuchen, da sie die ausufernde Inflation zuletzt mit ungewöhnlich großen Zinsschritten bekämpfte. Sie will im September nachlegen. An den Terminmärkten wird für September nun eher mit einem kleineren Zinsschritt im Umfang von einem halben Prozentpunkt gerechnet, nachdem die Fed das Niveau zuletzt zweimal in Folge um einen Dreiviertel-Punkt nach oben hievte. Der Euro stieg nach den überraschend niedrig ausgefallenen Inflationsdaten zum Dollar. Das Abebben der Teuerungswelle trieb den Dax um 1,1 Prozent auf 13.690 Punkte nach oben, der Dow-Jones-Index legte zu Handelsbeginn an der Wall Street um 1,3 Prozent auf 33.206 Punkte zu.

"Inflationsgespenst nicht gebannt"

"Angesichts weiter nachgebender Preise an den Zapfsäulen und vermehrten Anzeichen für ein Überwinden der Lieferkettenproblematik sollte der Hochpunkt der US-Inflation mit einiger Sicherheit hinter uns liegen. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass das Inflationsgespenst bald gebannt sein wird", sagte LBBW-Ökonom Dirk Chlench. So dürfte der Inflationsdruck seiner Ansicht nach bei den weniger schwankenden Dienstleistungspreisen unvermindert hoch bleiben – nicht zuletzt aufgrund der beschleunigten Lohnzuwächse.

Viel mehr neue Jobs

Die Stundenlöhne waren im Juli zum Vormonat um 0,5 Prozent gestiegen und damit stärker als von Ökonomen erwartet, die nur ein Plus von 0,3 Prozent auf dem Zettel hatten. Am US-Arbeitsmarkt waren zugleich im Juli mit 528.000 neuen Jobs weitaus mehr Stellen entstanden als gedacht. US-Notenbankchef-Jerome Powell sieht den robusten Arbeitsmarkt als Anzeichen dafür, dass die USA keine Rezession durchmachen, auch wenn das Bruttoinlandsprodukt bereits zwei Quartale in Folge geschrumpft ist.

Weitere Zinserhöhungen

Die Notenbank hatte im Juli den Leitzins im Kampf gegen die Inflation dennoch weiter kräftig erhöht – auf die Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent. Die Fed sollte nach Auffassung von Direktorin Michelle Bowman weitere deutliche Zinserhöhungsschritte in Betracht ziehen. Sie sagte jüngst, dass ähnlich dimensionierte Erhöhungen auf dem Tisch liegen sollten, bis zu sehen sei, dass die Inflation beständig, bedeutsam und nachhaltig zurückgehe.

Nach Ansicht der Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz bieten die jüngsten US-Preisdaten zwar Anlass, etwas aufzuatmen: "Wahrscheinlich hat die Inflation den Höhepunkt überschritten." Das Teuerungsproblem dürfte sich ihrer Ansicht nach aber als sehr hartnäckig erweisen. "Wir erwarten, dass die US-Inflation auch im Verlauf des nächsten Jahres bei mehr als drei Prozent notiert, und dies trotz einer Rezession." Sie verweisen auch darauf, dass der Rückgang der Inflation im Juli zu einem Gutteil auf den Einbruch der Benzinpreise zurückzuführen sei, ohne den die Teuerungsrate 0,4 Prozentpunkte höher ausgefallen wäre.