Das könnte der tiefste Schnitt der RBI-Geschichte werden, vor dem die Spitze der Raiffeisen Bank International RBI in den nächsten Wochen steht. Hatte die RBI noch kürzlich die Frage „Gehen oder bleiben“ mit Letzterem beantwortet, wird die Basis dafür nun immer dünner. Die Invasion Russlands in die Ukraine zerstört gerade das über 30 Jahre aufgebaute Geschäftsmodell in Russland, wo die RBI außerordentlich gut verdiente. „Diese noch nie dagewesene Situation veranlasst die RBI, ihre Position in Russland zu überdenken“, erklärte RBI-Chef Johann Strobl schließlich am Donnerstag. Nun prüfe man alle Optionen, „bis hin zu einem sorgfältig gesteuerten Ausstieg aus der Raiffeisenbank in Russland“. Auch ein Verkauf gehört theoretisch zu diesen Optionen.

Was und wie eine russische Bank derzeit für eine Spitzen-Bank in österreichischem Besitz überhaupt zahlen könnte, ist dabei aber nur eine von vielen Fragen in einer hochgradig komplexen Ausgangssituation mit zahlreichen Sanktionen und Gegensanktionen. Vor dem 24. Februar hätte noch jede westliche Bank die RBI Russland für sehr viel Geld übernehmen wollen, aber sie wäre gar nicht verkäuflich gewesen.

Am Dienstag hatte bereits die UniCredit erklärt, den Rückzug aus Russland zu erwägen. Sie hat 4000 Mitarbeiter, die RBI 9000. Die UniCredit rechnet in einem Extrem-Szenario damit, 7,4 Milliarden Euro in den Rauchfang schreiben zu müssen.

Die RBI nennt keine Zahlen. Zuletzt hatte Strobl erklärt, dass 2,4 Milliarden Eigenkapital der russischen Bank verloren gehen könnten, was sich aber nicht auf ein Abwicklungsszenario bezog. Schnell dürfte ein solcher Rückzug nicht zu bewerkstelligen sein. Es geht dabei um langjährige Kundenbeziehungen und viele Kredite sowie um den verantwortungsvollen Umgang mit Mitarbeitern, die oft Pionierarbeit geleistet haben und nichts für den Krieg können. Unternehmen, die den Markt verlassen, brauchen gute Begleitung.

Die Schäden, die die russische Wirtschaft erleidet, werden von Experten jedenfalls als weitreichend und langfristig eingestuft, sollte sich das Blatt in Moskau nicht schnell völlig wenden.

Die Aktie der RBI büßte am Donnerstag (nach den satten Zuwächsen von 7,87 Prozent vom Vortag) um 4,2 Prozent ein.