Angesichts der höchsten Inflation seit 40 Jahren stehen die Zeichen in den USA auf Zinserhöhung. Nach Signalen von Notenbank-Chef Jerome Powell rechnen die Finanzmärkte weltweit für den heutigen Mittwoch mit einer Zäsur: Zwei Jahre nachdem die Zentralbank Federal Reserve den Leitzins nach dem Coronaschock im Frühjahr 2020 nahe an die Null-Linie gedrückt hat, wird der Preis des Geldes verteuert.

Die in Anlehnung an einen Raketenstart als "Lift-Off" bezeichnete erste Erhöhung ist nur die erste Stufe, die von der Fed gezündet wird. Sie dürfte den Leitzins um einen viertel Prozentpunkt nach oben tragen. Dieses Starttempo fällt damit noch relativ moderat aus – auch weil sich die Fed kurz nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine nur vorsichtig vorwagen dürfte.

Teuerung dürfte weiter zulegen

Doch eine katapultartige Erhöhung um einen halben Punkt, wie es sie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gegeben hat, könnte bald folgen, wenn sich der Rauch des Kriegs verzogen haben sollte. Denn die Fed wird es in den kommenden Wochen und Monaten eilig haben, angesichts der rasant steigenden Verbraucherpreise die Zinsen in die Höhe zu schrauben. Nicht mehr zeitgemäß wirkt der geldpolitische Schlüsselsatz von 0 bis 0,25 Prozent, während die Inflation auf "astronomische 7,9 Prozent" nach oben geschnellt ist, wie es KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib formuliert.

Die russische Invasion in der Ukraine lastet zwar auf den weiteren Wachstumsaussichten der USA. "Allerdings dominiert aus Sicht der Fed wohl der kurzfristige zusätzliche inflationäre Impuls. Schließlich sind im Gefolge der Invasion die Ölpreise massiv gestiegen, was die Benzinpreise an den Tankstellen auf neue Rekordhöhen getrieben hat", meint Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. Die Teuerung dürfte seiner Ansicht nach im März weiter steigen.

Die US-Notenbank gerät damit mächtig unter Zugzwang, da sie ihr Ziel von 2,0 Prozent massiv verfehlt. Zugleich läuft der US-Arbeitsmarkt heiß. Im Februar sank die Arbeitslosenquote auf 3,8 Prozent und somit auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Pandemie. "Der enge Arbeitsmarkt und die Gefahr einer sich schneller drehenden Lohn-Preis-Spirale erhöhen die Inflationsrisiken. Für die Fed ist es also höchste Zeit zu reagieren", mahnt die KfW-Chefvolkswirtin.

"Ein immer größeres Problem"

Laut der Notenbank bleibt der Inflationsdruck hoch. Und für die Arbeitgeber sei es weiter schwer, Personal zu finden, warnte sie in ihrem Konjunkturbericht. "Für die Fed wird die Preisentwicklung zu einem immer größeren Problem", so Commerzbank-Ökonom Weidensteiner. Aus der temporären Spitze der Inflationsraten, die man noch auf von der Pandemie bedingte Verwerfungen zurückführen konnte, sei eine "breite Bergkuppe" geworden. Die Fed dürfte seiner Ansicht nach ihre Prognose für die Inflationsrate deutlich anheben. Bei der Projektion im Dezember hielten die Währungshüter für Ende 2022 eine Inflationsrate von 2,6 Prozent für wahrscheinlich: Nun könnte eine Fünf vor dem Komma stehen.

Doch trotz der Inflationsrisiken mahnte US-Währungshüter Charles Evans jüngst, es mit Straffungsschritten nicht zu übertreiben. Es ginge über das Erforderliche hinaus, wenn die Zinsen bei jeder Sitzung im laufenden Jahr erhöht würden, sagte der Chef des Fed-Bezirks Chicago. Wie stark die Währungshüter die Zügel anziehen wollen, wird aus dem Zinsausblick ersichtlich, der am Mittwoch aktualisiert wird. Die Währungshüter zeichnen in dieser im Fachjargon als "Dot Plot" bekannten Projektion die Zinshöhe ein, die sie künftig für angemessen halten.

Aufgeblähte Bilanz eindampfen

Im Dezember hatten sie im Mittel drei Zinsschritte nach oben für 2022 signalisiert. Ende des Jahres würde das Niveau demnach bei rund 0,9 Prozent liegen. Der neue "Dot Plot" dürfte es deutlich höher ansiedeln: Ökonomen erwarten mehrheitlich, dass der Zins dann bei 1,25 bis 1,5 Prozent liegen wird. An den Terminmärkten wird nach dem zu erwartenden Zinsstakkato sogar ein noch höheres Niveau von bis zu 1,75 Prozent für möglich gehalten.

Hinzu kommt, dass die Fed auch ihre in der Corona-Pandemie massiv aufgeblähte Bilanz eindampfen will, womit den Märkten Liquidität entzogen würde. Die Volkswirte der DWS rechnen damit, dass die Fed am Mittwoch auch Details dazu nennen wird. Wahrscheinlich könne sich die Fed eine restriktivere Geldpolitik eher erlauben als die Europäische Zentralbank: "Doch Inflation und Krieg werden wohl beide Zentralbanken noch eine Weile auf Trab halten."