In der Vorwoche haben Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bei den Alpbacher Technologiegesprächen die "Strategie der Bundesregierung für Künstliche Intelligenz (KI)" vorgestellt. Die österreichische KI-Community spricht nun in einer ersten Reaktion darauf von einer "bitteren Enttäuschung und einer Gefahr für den Standort". Die KI-Forschung hinke bereits heute hinter den europäischen Nachbarländern hinterher.

"Die von der Regierung mit drei Jahren Verspätung vorgelegte KI-Strategie ist eine bittere Enttäuschung", heißt es in einer am Dienstagabend veröffentlichten Stellungnahme. Diese wird u.a. von den Vereinen "Austrian Society for Artificial Intelligence" und "AI Austria", dem Institute of advanced research in artificial intelligence (IARAI), dem KI-Forscher Sepp Hochreiter vom Labor für Artificial Intelligence (AI LAB) am Linz Institute of Technology (LIT) und der Universität Linz, Hermann Hauser vom Venture Capital Fonds "Amadeus Capital" und Horst Bischof, Forschungs-Vizerektor der Technischen Universität (TU) Graz unterstützt.

Die Wissenschafter halten die Strategie für "nicht vielmehr als nur eine Bestandsaufnahme und einen Rückblick auf versäumte Chancen". Sie sei weder auf die Zukunft ausgerichtet noch ermögliche sie es Österreich, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. "Das jetzt vorgelegte Strategiepapier lässt die österreichische KI-Community im Stich", heißt es in der Stellungnahme. Es sei "unverständlich", dass das vor über zwei Jahren vorgestellte Forderungspapier der KI-Community noch immer "geprüft" werde.

Nur angrenzende Felder würden gefördert

Befürchtet wird, dass Österreich gegenüber den anderen EU Länder als Standort sowohl für junge Talente als auch für Investoren zunehmend an Attraktivität verliert, das Land sei "auf dem besten Weg, sich aus dieser Hochtechnologie zu verabschieden". So vermissen die Experten in der Strategie den Aufbau einer Expertise in den zentralen KI-Feldern in der Grundlagenforschung und in der Ausbildung. Bedenklich sei zudem, "dass KI nur in den angrenzenden Feldern gefördert werden soll, aber nicht das KI-Forschungsfeld selbst".

Die Wirtschaft brauche hochqualifizierte Experten und Fachkräfte für KI. Ohne sie werde diese Technologie niemals Eingang in Produktion, Logistik oder Marketing finden. "Österreich degradiert sich lediglich zum Konsumenten von KI-Technologien" und der wesentliche Teil der Wertschöpfung finde im Ausland statt. Die Forscher verweisen in ihrer Stellungnahme auf Länder wie Deutschland, Finnland, Frankreich oder England, die bereits vor über drei Jahren KI-Institute und -Exzellenzzentren etabliert hätten.

Ministerien weisen Kritik zurück

Das Klimaschutz- und das Wirtschaftsministerium weisen die Kritik an der KI-Strategie indes zurück. "Die vorliegende KI-Strategie bildet den Abschluss eines umfassenden Strategieprozesses. In den vergangenen Monaten und Jahren haben über 160 Experten in sieben Arbeitsgruppen an den unterschiedlichen Elementen gearbeitet. Zudem wurde im Rahmen einer offenen Konsultation breiter Input eingeholt", hieß es in einer Stellungnahme Dienstagabend.

Auch der Rat für Robotik und künstliche Intelligenz habe seine Expertise in den Prozess eingebracht. Die jetzt fertiggestellte Strategie sei immer als agile Strategie gedacht. Sie bilde den Rahmen und lege die Prinzipien fest, auf deren Basis eine gemeinsame Umsetzung gelingen könne. Dabei solle die ressortübergreifende Herangehensweise genauso wie die vielfältige Partizipation der Community im Zentrum stehen.

Auch in den letzten Jahren seien den bereits verschiedenste KI-Projekte durch die Regierung gefördert worden. "Dabei wurden Forschungseinrichtungen und Unternehmen dabei unterstützt, KI-Vorhaben umzusetzen. 2021 wurde dazu die erste spezifische KI-Förderschiene (AI for Green) ins Leben gerufen. Ebenso wurde 2020 und 2021 eine aws-Förderung für vertrauenswürdige, innovative KI-Projekte vergeben. Betrieben steht ebenso der KI-Marktplatz sowie eine Beratung durch die Digital Innovation Hubs zur Verfügung", erklärten die Ministerien.