Von einer „geradezu absurden Situation“ spricht Franz Blantz vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV). Der steirische Geschäftsstellenleiter berichtet auf Basis der aktuellen Quartalsdaten zur Insolvenzentwicklung davon, dass sich die Zahl der Firmeninsolvenzen in den letzten Monaten halbiert habe. „Die eröffneten Firmeninsolvenzen in der Steiermark bewegen sich auf einem historischen Tiefstand.“ Das sei darauf zurückzuführen, dass von öffentlicher Seite neben dem Angebot von Steuer- und Abgaben-Stundungen auch keine Insolvenzanträge gestellt werden. Blantz ortet ein Problem, das nun zeitverzögert schlagend werden dürfte. Beim AKV rechnet man damit, dass mit dem Auslaufen der staatlichen Hilfspakete „ab Frühjahr 2021 die Firmeninsolvenzen wieder steigen“. Und zwar kräftig. „Wir gehen von einem Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 aus, das würde im Vergleich zu den reduzierten Eröffnungen im heurigen Jahr 2020 sogar einer Steigerungsrate von rund 65 Prozent entsprechen – ein in der Nachkriegszeit bisher unerreichter Wert“, so Blantz.

"Überprüfungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit"

Aus seiner Sicht werden „die öffentlichen Abgaben derzeit pauschal und ohne Kontrollmechanismen gestundet“. Das werde nicht nur den Staatshaushalt negativ beeinflussen, sondern auch der Realwirtschaft höhere Forderungsausfälle bescheren, so die Befürchtung. Es sei daher an der Zeit, „dass die öffentlichen Körperschaften im Bereich der Stundungen wieder zu Überprüfungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und einer möglichen Zahlungsunfähigkeit bzw. einer Überschuldung von Unternehmen zurückkehren“.

Es gelte „eine Pleitewelle unvorstellbaren Ausmaßes zu vermeiden“. Im gesamten August 2020 seien steiermarkweit nur neun Firmeninsolvenzen eröffnet worden, das entspreche einem Rückgang um 73,53 Prozent im Vergleich zum August 2019, rechnet der AKV vor. Auch im September wurden in der Steiermark über lediglich 15 Unternehmungen Insolvenzverfahren eröffnet, eine Halbierung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dennoch zeigten sich im bisherigen Jahresverlauf „düstere Vorboten auf ein überdurchschnittliches Insolvenzszenario nach dem Wegfall der staatlichen Maßnahmen“, so Blantz, der dafür auf die österreichweiten Zahlen verweist. Denn im gesamten Bundesgebiet seien die eröffneten Firmenpleiten zwar ebenfalls um knapp 35 Prozent gesunken. Die Gesamtpassiva sind indes um mehr als das Doppelte auf 4,45 Milliarden Euro angestiegen. Dies sei der zweithöchste Wert nach dem Rekordpleitenjahr 2013 – damals meldete der Baukonzern Alpine Insolvenz an.