Die Coronakrise hat es offenbart: Der ständige Fokus auf die Kostenseite in der Pharmaindustrie hat dazu geführt, dass die meisten Medikamente sowie die nötigen Rohstoffe inzwischen aus Asien kommen. Europa ist hier in eine Abhängigkeit geraten, die sich derzeit stark negativ auswirkt. Politiker und Pharmaverbände fordern die EU inzwischen auf, eine Strategie zu entwickeln, wie man diese Industrie wieder zurück nach Europa holen könnte.

Genau auf dieses Pferd setzt das Grazer Beteiligungsunternehmen Eoss Technologies. Es ist der größte Partner bei der Rettung der insolventen Sanochemia AG, die Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil Mitte April verkündet hat. Konkret übernimmt eine neue Gesellschaft, die Sanochemia Pharmazeutika GmbH, die Produktionsstandorte. Die Eoss hält daran 49,9 Prozent, der bisherige Großaktionär be imaging GmbH bekommt 35,8 Prozent und das Land Burgenland hält über die WiBAG 14,3 Prozent.

Eigene Fertigungsanlage

"Mit diesem Schritt verstärken wir unser Engagement im Life-Science- und Pharma-Bereich", erklärt Thomas Erkinger, Geschäftsführer der Eoss. Jüngst hat auch eine andere Tochter-Firma des Unternehmens Schlagzeilen gemacht. Das Grazer Startup Innophore, zu 60 Prozent im Besitz der Eoss, sucht derzeit in einer Kooperation mit der Harvard-Universität und Google nach einem Heilmittel gegen das Coronavirus.

Der Einstieg in die Sanochemia passe daher auch in die Unternehmensstrategie, erklärt Erkinger. Das Besondere an dem Unternehmen sei nämlich, dass es eine Multi-Purpose-Anlage zur chemischen Herstellung von Arzneimitteln aller Art hat. Nur wenige Unternehmen in Europa hätten noch solche Fertigungsmöglichkeiten. "Künftig wollen wir daher eine wesentliche Rolle in der kritischen Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln spielen."

Das Ziel sei dabei, große Pharmafirmen als Kunden zu gewinnen, als sogenannte "Second Source" für die Gewinnung von Spezialwirkstoffen in Europa. "Wir können zwar keine großen Mengen produzieren, dafür aber eine Vielzahl an unterschiedlichen Mitteln." Eines müsse der Politik und den Krankenkassen allerdings klar sein, mahnt Erkinger: Medikamente könnten in Europa nicht so günstig hergestellt werden wie in Asien.

Betriebspause

Vorerst stehe aber die Konsolidierung des Betriebs an. Bis Mitte Mai laufe noch eine Produktion, danach wird die Fertigung für drei Monate pausiert. Die Mitarbeiter bekommen eine Wiedereinstellungsgarantie, dennoch müssen sie gekündigt werden. "Unternehmen in einer Insolvenz dürfen keine Kurzarbeit anmelden", erklärt Erkinger den Schritt.