Im Ringen um Milliardenhilfe zur Bewältigung der Coronakrise kam es gestern zur Einigung. Wegen bilateraler Gespräche gingen die EU-Finanzminister mit über vier Stunden Verspätung in die dritte Video-Verhandlungsrunde, dann ging es umso schneller; schließlich wurde die Übereinkunft über das eine halbe Billion Euro umfassende Paket mit Applaus begrüßt. Die EU-Staaten kamen überein, dass ungenutzte Gelder des Euro-Rettungsschirms ESM angezapft werden sollen. Demnach sollen bis zu 240 Milliarden Euro an ESM-Krediten gezahlt werden.

Umstritten waren jedoch die Bedingungen für die Kredite, hier kam es offensichtlich zu einer Einigung von Italien mit den Niederlanden. Das Geld, das vor allem den schwer betroffenen Ländern Italien und Spanien zufließen soll, ist nur an geringe Auflagen geknüpft, dafür soll es auf das Gesundheitssystem beschränkt sein. Die Niederlande hatten zuletzt auf Reformprogrammen als Bedingung bestanden. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sprach von „drei starken Antworten“ auf die Krise. Neben dem ESM kann die Investitionsbank Unternehmen unterstützen, angenommen wurde auch das „Sure“-Programm der Kommission, das für Kurzarbeit in ganz Europa bis zu 100 Milliarden Euro freispielt. Coronabonds waren nicht mehr auf der Liste, auch wenn von künftigen „innovativen“ Finanzinstrumenten die Rede war.

Paneuropäischer Garantiefonds

Finanzminister Gernot Blümel hatte im Vorfeld der Verhandlungen gesagt: „Es geht um die rasche Bewältigung der Krise, die wir gemeinsam bewältigen müssen. Um was es aber nicht gehen darf, ist die Vergemeinschaftung von Schulden mit Eurobonds.“ Die von mehreren Ländern abgelehnten Coronabonds hält auch Ex-Finanzminister Wilhelm Molterer nicht für notwendig. Er ist Geschäftsführer des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI), der gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) selbst gerade voll auf Corona-Hilfe ausgerichtet ist. Molterer verweist deshalb vielmehr auf "jeweils dafür geplante 20 Milliarden Euro", sowie  den Vorschlag für einen neuen "Paneuropäischen Garantiefonds von 25 Milliarden Euro, der Darlehen und Kredite von 200 Milliarden Euro für Corona-Hilfe und Wiederaufbau an hunderttausende kleine und mittlere Unternehmen (KMU)  flüssig machen kann".

EIB - die Bank der EU

Die Europäische Investitionsbank ist als Bank der EU größter multilateraler Geldgeber und wichtigster Klimaschutzfinanzierer weltweit -  mit einem Geschäftsvolumen von 63 Milliarden Euro und 540 Milliarden Euro entliehenen Krediten und Darlehen, die in der Regel zu 50 Prozent bankreife Projekte bei 30 Jahre Rückzahlung finanzieren. 2019 flossen so 48 Milliarden Euro vorwiegend an 386.600 KMU, um 4,4 Millionen Jobs in der EU zu sichern.

1:15-Hebel dank AAA-Rating

"Die erste Fünf-Milliarden-Tranche für Corona-Hilfe und Wiederaufbau haben wir mit der EIB bereits vergangene Woche beschlossen, wofür es keinen politischen Auftrag braucht. Den braucht es für  den  Paneuropäischen Garantiefonds, weil dafür für die Staaten anteilsmäßig  Garantien beisteuern müssen." Österreichs Anteil an der EIB und damit auch am  25-Milliarden-Garantiefonds betrage  2,5 Prozent. "Mit dem Hebel des Paneuropäischen Garantiefonds können wir dank dem AAA-Rating durch die Garantien der EU-Staaten 200 Milliarden Euro aktivieren, das würde Hunderttausenden KMU  zugutekommen", so Molterer. "Denn auch hier gilt: Wer rasch hilft, hilft besser. Wir appellieren deshalb an die Entscheidungsträger, dass wir den notwendigen Rahmen bekommen, damit wir in wenigen Tagen mit dieser Aktion beginnen können. Wir geben damit Banken Mittel für Finanzierungen für KMU und finanzieren Projekt für medizinische Infrastruktur."

Schwerpunkt Corona und Klimaschutz

"Es wird einen massiven Corona- und Wiederaufbau-Schwerpunkt geben", so Molterer weiter. "Aber das bedeutet nicht, dass wir den Klimaschwerpunkt außer Acht lassen. Vielleicht ist in dieser substanziellen Krise eine Chance in Richtung Klimawandel, bei Strukturmaßnahmen im Transportwesen sowie in der digitalen Wirtschaft. Wir stellen nicht Corona gegen Klima, sondern  müssen die Krise richtig managen und  langfristig die Perspektive Richtung Klima entwickeln," so Molterer.