Schritt für Schritt wagt sich Google in den Bereich der Medizintechnik vor – nicht immer passiert das friktionsfrei. Anlass für Kritik gab erst vergangene Woche ein Bericht des „Wall Street Journal“ (WSJ), der die Kooperation Googles mit einem Gesundheitsdienstleister beleuchtete. Millionen Patientendaten würden hierfür auf Googles Cloud-Servern gespeichert und später von medizinischem Personal mit dem Werkzeug „Patient Search“ durchsucht. Aber: Auch bis zu 150 Google-Angestellte, so zitierte das WSJ einen Insider, hätten Zugriff auf die sensiblen Daten gehabt, weder Patienten noch Ärzte wären darüber informiert gewesen.

Für Google rückte Urs Hölzle zur Verteidigung aus. Einerseits halte man sich an das Datenschutzgesetz, andererseits habe „das Cloud-Geschäft nichts mit dem Endkunden-Geschäft zu tun“, ließ der Schweizer via Twitter bestimmt wissen. „Ihre Daten sind Ihre Daten und wir verarbeiten sie aus keinem anderen Grund als zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Dienstleistungen.“

Aus zwei Mitarbeitern wurden mittlerweile 4000

Hölzles Worte haben beim US-Konzern besonderes Gewicht, gilt der Technologie-Chef doch als dienstältester Googler nach den Firmengründern Larry Page und Sergej Brin. Gleichzeitig bringt uns dieser Urs Hölzle auch auf direktem Wege zum Google-Standort nach Zürich. Vor 15 Jahren forcierte der Schweizer die damalige Expansion des Suchmaschinenriesen, heute findet sich in Zürich das größte Google-Entwicklungszentrum außerhalb der USA. Aus den einst zwei Mitarbeitern wurden knapp 4000, Tendenz steigend.

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Olivier Bousquet
Olivier Bousquet © (c) kambi

Entwickelt werden in der Schweiz wichtige Teile von Google-Anwendungen à la „Maps“, „Calendar“, „Youtube“ oder „Assistant“. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der Stadt der wissenschaftlichen Technologieschmiede ETH auf der Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz (KI).

Auch um das Wissen destruktiver Kräfte dieser Technologie („Voreingenommenheiten dürfen nicht verstärkt werden“) stellt Olivier Bousquet, Chef von Googles KI-Forschung in Europa, positive Wirkungsmöglichkeiten in den Mittelpunkt. Er führt etwa ein Beispiel an, wo mithilfe von maschinellem Lernen ein Überwachungssystem für Bienenstöcke entwickelt wurde. Auf Grundlage dieser Daten entschieden wiederum Experten, wo Bäume und Pflanzen angebaut werden sollten, um die Bienen bestmöglich zu bedienen. Dimitri Kanevsky, gehörlos seit frühester Kindheit, schildert, wie künstliche Intelligenz Spracherkennung kraftvoll maßschneidert, Carla Bromberg erzählt von Modellen zum frühzeitigen Erkennen von Flutkatastrophen.

Carla Bromberg
Carla Bromberg © (c) kambi

Weit fortgeschritten ist „Google Lens“. Die Anwendung erkennt dank maschinellem Lernen reale Gebäude oder Gegenstände und reichert diese am Smartphone automatisch mit digitalen Zusatzinformationen an. Künstliche Intelligenz treibt auch Übersetzungswerkzeuge wie „Google Translate“ an. Ab wann wird diese natürliche Sprache in Echtzeit übersetzen können? „Wir haben alle Werkzeuge dafür“, lässt der zuständige Google-Manager Macduff Hughes wissen. „Wir müssen diese nur noch besser machen“.

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