EZB-Rat und OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny spricht sich für eine "vorsichtige" Normalisierung der Geldpolitik aus. Die Normalisierung sollte aber "etwas entschiedener gestalten" sein, sagte Nowotny in Alpbach vor Journalisten. "Ein besonderer Schwerpunkt sollte sein, aus dem Bereich der Negativzinsen herauszukommen."

Wirtschaftsforscher rechnen für 2018 und 2019 mit einer Inflationsrate von jeweils 1,7 Prozent in der Eurozone. Damit sei eindeutig keine Deflationstendenz im Euroraum vorhanden, so Nowotny.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat im Juni mit der Normalisierung der Geldpolitik begonnen, indem er das Ende der Anleihenkäufe in Aussicht gestellt hat. Die EZB kündigte Mitte Juni an, ihre Schlüsselzinsen noch bis mindestens über den Sommer 2019 hinaus nicht anzutasten. Der Leitzins liegt bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.

Ende der Dollar-Dominanz

Um Europa weniger abhängig von den USA zu machen, plädiert Nowotny dafür den Euro weiter zu stärken. Als Beispiel für eine gewisse Abhängigkeit führte der EZB-Rat das von den USA kontrollierte internationale Zahlungssystem SWIFT an. Der Euro habe sich bereits als zweite Weltwährung etabliert.

"Es geht nicht darum, den Dollar zu bekämpfen", so Nowotny. Ziel sei es, "sich aus einer einseitigen Dominanz zu befreien." Bei Fremdwährungsreserven, internationalen Krediten und Devisenumsätzen habe der Euro gegenüber dem Dollar noch Aufholbedarf.

Höheres Wachstum als Deutschland

Die OeNB hat ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2018 bestätigt. Wie bereits im Juni prognostiziert, soll das heimische Bruttoinlandsprodukt um 3,1 Prozent zulegen. Das Wachstum ist damit um einen Prozentpunkt höher als in der Eurozone und Deutschland. "Das ist eine sehr beachtliche Entwicklung", sagte  Nowotny vor Journalisten in Alpbach.

"Neben den Exporten ist die lebhafte Inlandsnachfrage eine tragende Säule im aktuellen Konjunkturzyklus", so Nowotny. Der OeNB-Gouverneur verwies auf eine "sehr positive Entwicklung" der österreichischen Exporte nach West- und Osteuropa. Außerdem sei es "gelungen den Binnenkonsum zu stärken". Im Jahr 2017 wuchs die österreichische Wirtschaft um 3,1 Prozent. Zuvor lag das BIP-Wachstum deutlich niedriger mit 1,5 Prozent im Jahr 2016, +1,1 Prozent (2015), +0,9 Prozent (2014), 0,0 Prozent (2013) und +0,7 Prozent (2012).

Sorgenkind Italien

Sorgen bereitet dem OeNB-Gouverneur die wirtschaftliche Entwicklung in Italien. Die italienische Wirtschaft hat mit 1,3 Prozent die niedrigste prognostizierte Wachstumsrate im Jahr 2018 in der Eurozone und für 2019 wird nur mehr ein Plus von 1,1 Prozent erwartet. Außerdem hat Italien noch immer nicht das BIP-Niveau von vor der Wirtschaftskrise 2008/2009 erreicht. Diese Stagnation habe "negative Auswirkungen auf die Beschäftigung" und bringe "politische Instabilität", sagte Nowotny. "Das ist für den Eurobereich eine besondere Herausforderung, die nicht von der Währungs- sondern von der realwirtschaftlichen Politik angegangen werden muss."

Nowotny sieht in der Lage Italiens aber "kein aktuelles Risiko". Der italienische Staat müsse auf den Kapitalmärkten etwas höhere Zinsen zahlen, es sei aber nicht vergleichbar mit der Krisensituation 2012. Italien müsse Strukturreformen angehen, um die quasi stagnierende Realwirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Als Risiko für die Weltwirtschaft sieht Nowotny die Gefahr von internationalen Handelskriegen, die Währungskrise in der Türkei und die ausständige Entscheidung über den Brexit-Deal.