Die Beispiele schienen den Kommentatoren nicht auszugehen, die ersten tauchten am Donnerstagabend Sekunden nach Börsenschluss auf. Facebook hatte gerade an einem einzigen Handelstag 125 Milliarden US-Dollar (107 Milliarden Euro) verbraten. Ein Negativrekord und der „gesamte Börsenwert von IBM“, wie in den Agenturmeldungen schnell zu lesen war. Noch anschaulicher versuchte Jon Russell von der Technologieplattform Techcrunch die Misere darzustellen. Die gesamte Marktkapitalisierung der viel besprochenen Kryptowährung Bitcoin betrage zurzeit 141 Milliarden Dollar – Facebooks Verlust würde also übersetzt bedeuten, dass „über Nacht alle Bitcoin-Werte verschwunden wären“.

Bei aller Dramatik gilt aber auch: An der Börse wiederholte sich zuallererst ein Spiel, das man bereits von vorangegangenen Bilanzpräsentationen kennt. Am 1. Februar dieses Jahres etwa präsentierte Facebook die Zahlen des Schlussquartals 2017 und damit auch jene für das abgelaufene Gesamtjahr. Kurz zusammengefasst: Der Umsatz legte im Jahresabstand um 47 Prozent zu und der Gewinn stieg um 20 Prozent. Auf die – eigentlich – betriebswirtschaftlich famosen Zahlen folgte an der Börse eine böse Überraschung: Der Kurs der Facebook-Aktie fiel um elf Prozent, Analysten hatten noch bessere Ergebnisse erwartet.

Nutzerzahlen steigen global weiter an

Ebenso rasant bewegte sich der Aktienkurs des Unternehmens in den Folgemonaten. Unter den Veröffentlichungen rund um den Datenmissbrauch bei Cambridge Analytica war die Facebook-Aktie schwer in Bedrängnis geraten. Dann lösten die Zahlen des ersten Quartals plötzlich einen genau gegenteiligen Effekt aus – obwohl sie in der Tendenz jenen ähneln, die den aktuellen Kursrutsch und jenen zu Jahresbeginn auslösten. Umsatz stark gesteigert und beim Gewinn deutlich zugelegt. Der feine Unterschied eben: Der Aktienkurs legte schlagartig um zehn Prozent zu. Seit damals und bis zur aktuellen Präsentation stieg der Kurs noch einmal um 36 Prozent.

Genau dieses starke Wachstum aber wird Facebook wiederum in diesen Tagen zum augenscheinlichen Verhängnis, das Auf und Ab geht munter weiter. Weil die Analysten stets die gelernten Zahlen aus der Wirtschaftswunderwelt des rasanten Aufsteigers erwarten, setzt es jetzt eben herbe Rückschläge auf dem Finanzmarkt. Ein Umsatzplus von 42 Prozent und ein Mehrgewinn von 31 Prozent wurden dort als Enttäuschung gewertet, die Aktie fiel, wie eingangs beschrieben, um fast 19 Prozent. Auch das Faktum, dass die globalen Nutzerzahlen noch einmal anstiegen – auf mehr als 2,2 Milliarden monatlich aktive Nutzer –, konnte nicht mehr besänftigen. Denn auch hier gilt: Der Anstieg ist nicht schnell genug.

Aktien immer noch mehr wert als vor einem Jahr

Wobei: Bedauern muss man die Facebook-Anteilseigner selbst in diesen Zeiten nur bedingt. Gestern starteten die Papiere mit einem Kurs von 177,7 US-Dollar. Damit sind sie immer noch um 18 US-Dollar teurer als vor einem Jahr, ein Plus von mehr als zehn Prozent. Beim Börsengang im Mai 2012 waren es überhaupt noch 42 US-Dollar. Beim aktuellen Kurs ist Facebook also 509 Milliarden US-Dollar (437 Milliarden Euro) wert. Zum Vergleich: Österreichs jährliche Wirtschaftsleistung betrug 2017 rund 369,2 Milliarden Euro.

Radikale Kursschwankungen sind zudem nicht nur auf Facebook beschränkt, sie sind mittlerweile fast Markenzeichen der Technologie-Aktien. So verlor Google-Mutter Alphabet nach Präsentation des Gesamtjahres im Februar 14 Prozent an Wert und liegt aktuell mit 1278 US-Dollar im Jahresvergleich wieder 33 Prozent im Plus. Der Kurs des Online-Händlers Amazon legte alleine im Jänner um 21 Prozent zu, nur um kurz nach Präsentation der Geschäftszahlen im Februar wieder rund sieben Prozent zu verlieren. Nach einem überraschend hohen Gewinn von 2,5 Milliarden Dollar (2,13 Milliarden Euro) im Quartal stieg der Kurs zu Börsenstart auf 1852 US-Dollar, im Jahresabstand ist das ein Plus von 81 Prozent.

Ein gutes Jahr hat eigentlich auch der Kurznachrichtendienst Twitter hinter sich, der Kurs der Aktie brach trotzdem gleich zum Börsenstart um 17 Prozent ein. Dass wegen der Löschung von Fake-Profilen die Zahl der aktiven Nutzer sinkt, wiegt für Investoren offenbar schwerer als die rund 100 Millionen US-Dollar (116,5 Millionen Euro) Quartalsgewinn des Konzerns. Aber: Binnen zwölf Monaten hat die Aktie ohnehin um 104,5 Prozent zugelegt.