Österreich muss die Produktion der Reisepässe künftig EU-weit ausschreiben, besagt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Ist zu befürchten, dass die Reisepässe nicht mehr in Österreich hergestellt werden?
LUKAS PRAML: Wir haben mit österreichischen Reisepässen viel Erfahrung und daher gute Karten. Aber in Vergabeverfahren ist vieles ungewiss.

Sehen Sie Optimierungsbedarf im eigenen Haus?
Wir sind im Topfeld. Vielen Staaten ist es wichtig, Identitätsdokumente im eigenen Land zu machen. Einige kaufen beim Branchenprimus Gemalto ein. Das niederländische Unternehmen gehört seit Kurzem zum französischen Rüstungskonzern Thales. In Österreich sind wir mit einer fertigen Infrastruktur alleine. Ich schließe nicht aus, dass ein großer Wettbewerber sich vorstellen kann, hier eine Sicherheitsdruckerei aufzubauen.

Warum ist es wichtig, dass ein österreichisches Unternehmen – die Staatsdruckerei ist privat – die Pässe produziert?
Es geht doch darum, dass man die Datensätze nicht unbedingt bei einer ausländischen Adresse haben will, da niemand sicher sein kann, ob sie gelöscht werden oder was im Konfliktfall damit passiert. Kein Land sollte die Fähigkeit, Pässe zu drucken, aus der Hand geben.

Wie sicher sind die Daten in der Staatsdruckerei?
Die Daten werden bei uns im sichersten Raum Österreichs verarbeitet, nur dort werden sie in die Passbücher eingetragen, physisch auf die Datenseite, elektronisch auf den Chip. Danach müssen wir die Daten löschen. Wir heben nichts auf, der Staat kontrolliert uns.

Lukas Praml
Lukas Praml © Ballguide/Stefan Pajman

Gab es Cyberangriffe auf euch?
Die guten weiß man nicht, aber wir sind uns sicher, dass es keinen gab. Sollte es jemand schaffen, in unsere Buchhaltung einzudringen, ist er noch lange nicht bei den Datensätzen. In den sichersten Raum führt nur eine Leitung aus dem Innenministerium, der Rest unseres Hauses ist davon getrennt.

Wie spürt die Staatsdruckerei den Beginn der Hauptreisezeit?
Es ist ein Spezifikum der Österreicher, dass sie neue Reisepässe sehr kurzfristig beantragen. Im Mai, Juni und Juli produzieren wir das Fünffache eines Standardtages, mehr als 10.000 Reisepässe pro Tag. Das können wir locker bewältigen. Heuer schieben wir rund zwei Millionen Datensätze über unsere Infrastruktur, Führerscheine, Zulassungsscheine, Personalausweise etc. inklusive.

Eine von Ihrem Haus beauftragte Umfrage deckte auch Wissenslücken auf.
Mehr als 50 Prozent der Eltern wissen nicht, dass Kinder ab Geburt einen eigenen Reisepass benötigen. Das hat uns erstaunt. Bis zum zweiten Lebensjahr ist der Pass gratis.

Bereiten Ihnen die Fälschungen Sorgen?
Da gibt es ganz unterschiedliche Niveaus. Gar nicht so wenige scannen den Pass ein, drucken ihn in Farbe aus und glauben, das funktioniert. Oder sie stehlen einen Pass und überkleben das Foto. Solche Fälle gehen an das Bundeskriminalamt. Mit uns wird nur gesprochen, wenn es nach einer Fälschung um die Weiterentwicklung des Passes geht, das ist extrem selten.

Professionelle Fälscher schrecken vor dem österreichischen Pass also zurück?
Das Produkt ist, obwohl seit 2006 im Feld, vom Konstrukt her sehr ungewöhnlich und für Fälscher schwer nachzubauen. Der österreichische Pass ist kein Pass von der Stange und das ist bewusst so gewählt. Fälscher müssten viel in Technologie investieren, nur um diesen einen Pass nachzumachen, und das rentiert sich nicht.

Die Staatsdruckerei macht 20 bis 30 Prozent ihres Umsatzes von zuletzt 50 Millionen Euro im Ausland, Sie sagen aber nicht, in welche Länder Sie liefern – warum nicht?
Wegen der Sicherheit wollen unsere Kunden das nicht. Wenn ein Fälscher schon nicht weiß, wo er das Passbuch bekommen würde, gibt es eine Front weniger. Die Malediven dürfen wir aber nennen. Über die letzten fünf Jahre belieferte die Staatsdruckerei fast 50 Länder. Wir sind in Osteuropa, in Afrika und Asien stark, in Kerneuropa gibt es aber wenig Variabilität. Bestimmte Größen setzen uns außerdem Grenzen.