Der heimische Glücksspielmarkt wächst seit Jahren, besonders das Internetzocken. 2016 stieg der Bruttospielertrag des Online-Markts um 25 Prozent auf 254 Millionen Euro. Knapp 60 Prozent der Anbieter sind nicht in Österreich lizenziert, erhob Kreutzer, Fischer & Partner. Die Rechtslage sei lückenhaft und unsicher, die Online-Anbieter fordern eine Marktöffnung.

Derzeit darf in Österreich nur der teilstaatliche Casinos-Austria-Konzern auf seiner Seite win2day Online-Glücksspiel anbieten, dazu berechtigt ihn die vom Finanzministerium vergebene Lottolizenz. Die zahlreichen anderen Anbieter wie bet-at-home oder bwin operieren im Graubereich. Sie halten das Glücksspielmonopol der Casinos Austria für EU-rechtswidrig und berufen sich auf die EU-Dienstleistungsfreiheit: Mit einer Lizenz aus Malta oder einem anderen EU-Land dürften sie in ganz Europa anbieten. Auf vielen der Seiten können Kunden auch Sportwetten abschließen. Diese fallen in Österreich nicht unter das Glücksspielmonopol, sind also erlaubt.

Immer mehr Geld fließ ins Glücksspiel

Die alternativen Anbieter lobbyieren seit Jahren für eine Marktöffnung wie etwa in Großbritannien, sie fordern Lizenzen. Mit der neuen Studie von Kreutzer, Fischer & Partner untermauert die Auftraggeberin, die Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG), ihre Forderungen.

Generell haben die Österreicher in den vergangenen Jahren immer mehr Geld für Glücksspiel ausgegeben, wie Kreutzer, Fischer & Partner alljährlich erhebt. 2016 waren es 1,61 Milliarden Euro, 2015 mehr als 1,5 Milliarden Euro. Während der Automatenmarkt wegen diverser Verbote und strengerer Regelungen an Bedeutung verlor, stiegen die Nettospielerlöse von Spielbanken (Casinos Austria), Sportwettenanbietern und im Online-Glücksspielbereich stark an. Der Onlinebereich kommt der Studie zufolge mittlerweile auf einen Marktanteil von 16 Prozent. Bei Sportwetten hält das Internet bei fast 44 Prozent.

Ministerium plant Internetsperren

Besonders brisant: Nicht in Österreich lizenzierte Internet-Glücksspielanbieter haben einen Marktanteil von knapp 60 Prozent. Der Schluss der Studienautoren: Das Glücksspielmonopol erfülle seinen eigentlichen Zweck, die vorhandene Nachfrage ins nationale Bewilligungssystem zu lenken, nur bedingt.

Auch wenn das Finanzministerium die Online-Anbieter für illegal hält und die Regelungen jetzt verschärfen will - geplant sind etwa Internetsperren -, hat es in den vergangenen Jahren viele Steuern von den Anbietern eingenommen. 2016 waren es laut KFP rund 30 Millionen Euro.

Der graue Markt, also Anbieter ohne Österreich-Lizenz, führe zu einer "Verzerrung des Wettbewerbs und zu einer Aushöhlung des Spielerschutzes", heißt es in der Studie.

Verbote helfen halblegalen Anbietern

Die drei Marksegmente stationäre Glücksspielautomaten (inklusive Video Lottery Terminals/VLT der Casinos Austria), Online-Glücksspiel und Sportwetten kamen zuletzt, 2016, auf einen Bruttospielertrag von 730 Millionen Euro. Davon ordnet KFP 230 Millionen Euro dem grauen Markt zu, was einem Anteil von knapp einem Drittel entspricht. 2013 war der Marktanteil erst bei 23 Prozent gelegen.

Im Automatenbereich haben die Verbote, insbesondere jenes in Wien, den halblegalen Anbietern zu mehr Umsatz verholfen. Zwischen 2013 und 2016 hat der graue Automatenmarkt um fast zwei Drittel auf 108 Millionen Euro zugelegt. Trotz vieler Razzien und Beschlagnahmungen der Finanzpolizei trockne der Markt nicht aus, "da die unglückliche Rechtslage nach wie vor interpretationsfähige Schlupflöcher hinterlässt und die Gewinnaussichten für illegale Betreiber zu verlockend sind, zumal sich vor allem High-Roller (Vielspieler bzw. Süchtige, Anm.) mit dem Registrierungssystem bei Landesausspielungen nur schwer anfreunden können", meint Kreutzer, Fischer & Partner. 2016 gab es laut KFP 2200 illegale Glücksspielautomaten in Österreich.

Grauer Glücksspielmarkt legt massiv zu

Auch der graue Online-Glücksspielmarkt jenseits des Casinos-Austria-Portals win2day wuchs binnen drei Jahren rasant von 67 Millionen auf 110 Millionen Euro. "Es handelt sich dabei um knapp vierzig relevante Anbieter, wobei die größten zehn nahezu achtzig Prozent des grauen Onlinemarktes halten", erklärt KFP. Die Großen bieten zumeist auch Sportwetten an, sie treten in Österreich auch als Sportsponsoren auf und machen viel Werbung.

Der graue Marktanteil des Online-Glücksspielmarkts liegt laut KFP bei knapp 60 Prozent. Angesichts dessen halten es die Studienautoren für unumgänglich, dass der Staat den Markt öffnet, zumal das Steuer- und Abgabenpotenzial enorm sei. "Unbedacht der moralischen Dimension" lange der Fiskus bei halblegalen Anbietern schon jetzt kräftig zu "auf mittlere Sicht ist das Aufkommen aber keineswegs gesichert." KFP beziffert das Steuerpotenzial der drei Segmente Automaten, Online-Glücksspiel und Sportwetten mit 86 Millionen Euro, davon entfallen 40,3 Millionen Euro auf Automaten und knapp 44 Millionen Euro auf Online-Glücksspiel.

Limitierung des Online-Angebots wenig sinnvoll

KFP hat sich auch andere Märkte in Europa angesehen und kommt zum Schluss, dass eine Limitierung des Online-Angebots wenig zielführend sei, wenn man nicht gleichzeitig gegen Internetportale (etwa via IP-Blocking) vorgehe. "Insgesamt zeigt sich jedoch, dass eine Liberalisierung des Marktes zweifelsohne zu einer höheren Kanalisierung des Angebots in den weißen Markt führt, wenn die gesetzliche Ausgestaltung einen Wettbewerb zwischen den Anbietern fördert und die Zugangsbestimmungen auf ein überschaubares Angebot ausgerichtet sind", so das Fazit.

KFP fordert daher wie seine Auftraggeber eine Öffnung des Online-Glücksspiel- und -Sportwettenmarkts. Der Internet-Sportwettenmarkt ist derzeit im Prinzip neun Landesgesetzes unterworfen, im digitalen Glücksspielsektor gibt es seit Jahren Rechtsstreitigkeiten bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof (EuGH).

KFP empfiehlt weiters eine steuerliche Gleichstellung aller Automaten- und Online-Anbieter. Der Casinos-Austria-Konzern solle aber ruhig weiterhin mehr zahlen, da die Lotto- und Spielbanklizenzen bis auf weiteres wohl nur an einen Anbieter vergeben würden, so die Begründung. Aufgrund EU-Rechts müssen die Casino- sowie die Lottokonzession zwar europaweit ausgeschrieben werden, bisher ist aber immer der Casinos-Austria-Konzern zum Zug gekommen. Vergeben wurden die Lizenzen vom Finanzministerium, das über die Staatsholding ÖBIB ein Drittel an den Casinos hält.

Eigenes Gesetz für Online-Bereich?

KFP wünscht sich ein eigenes Gesetz für den gesamten Online-Bereich sowie eine unbegrenzte Anzahl von befristeten Lizenzen, die EU-weit ausgeschrieben werden. Nur finanzstarke Anbieter mit einer .at-Internetadresse, die sich an strenge Spielerschutzbedingungen halten, sollen eine Konzession bekommen. Die Spieler sollen sich selbst Zeit- und Einsatzlimits setzen und sich selbst in einer bei der Aufsichtsbehörde angesiedelten Sperrdatenbank eintragen lassen können. Die Online-Glücksspielsteuer soll von 40 auf 15 bis 20 Prozent des Bruttospielertrags gesenkt werden. Eine unabhängige Behörde solle Seiten nicht lizenzierte Anbieter sperren dürfen und auch die Werbung der Lizenzierten überwachen.

KFP hat ausgerechnet, wie sich der Markt entwickeln könnte, wenn es bis 2020 mehr legale Automaten in den Bundesländern gibt (wenn entweder die Casinos Austria ihre erlaubten 5000 VLT-Geräte aufstellen oder mehr Bundesländer einarmige Banditen erlauben): Das Offline-Glücksspiel würde dann bis zum Jahr 2025 kaum wachsen, lediglich von 700 auf 710 Millionen Euro Bruttospielertrag. Der Automatenmarkt würde sogar von 325 Millionen auf 280 Millionen Euro schrumpfen. Rasant zulegen hingegen würde Online, und zwar von 254 Millionen auf 420 Millionen Euro (davon 300 Millionen Glücksspiel und 120 Millionen Sportwetten). Das Lotterieangebot ist da nicht miteingerechnet. Die Spielbanken würden leicht zulegen.

Der Online-Marktanteil stiege somit von 27 Prozent im Jahr 2016 auf 37 Prozent im Jahr 2025. "Kurzum, Glücksspiel und Sportwetten werden von der Straße auf Tablets und Smartphones verlagert", so KFP. Alles in allem würde der Glücksspielmarkt durch eine Online-Regulierung langsamer wachsen, und zwar um weniger als zwei Prozent im Jahr (2013 bis 2016: +5,8 Prozent pro Jahr). Die Umsatzsteuer steigt in dem Szenario trotz Senkung des Abgabensatzes von 60 Millionen auf 73 Millionen Euro.