Herr Brezinschek, wie viele Bitcoins haben Sie im Portfolio?
PETER BREZINSCHEK: Null. Ich habe das nur staunend verfolgt. Wo ich keinen Wert ermitteln kann, tue ich mir schwer, mich als Spekulant zu betätigen.

Aber viele Leute sind ganz gierig auf Bitcoin. Es gibt über 1500 Kryptowährungen und allein Bitcoin hat eine Marktkapitalisierung von über 130 Millionen Euro. Kaum anzunehmen, dass das lauter Verrückte sind.
Nein. Spekulanten! Die im Casino spielen, sind ja auch nicht verrückt, sondern haben eine Erwartungshaltung. Und ich habe hier keine, weil mir die Transparenz von Angebot und Nachfrage fehlt, die auf regulierten Märkten erkennbar ist.

Im März sollen rund 100 neue Kryptowährungen hinzukommen. Die kann erfinden, wer möchte.
Es gehören immer die Technologie dazu und die Community, um so etwas in die Welt zu setzen. Da ich hinter diesen Preisangaben keinen Wert zuordnen kann, spekuliert man ins Blaue.
Kryptowährungen entstehen durch ein Initial Coin Offering, ein ICO. 2017 ist schon mehr Geld in solche ICOs geflossen als in reale Firmen.
In den USA allein im Dezember 1,3 Milliarden Dollar.

Johannes Grill, der Präsident des Vereins Bitcoin Austria, hat gemeint, gefühlt sind 90 bis 95 Prozent dieser Systeme Betrug.
Ich kann das nicht beurteilen. Natürlich ist die Anonymität und die Verschachtelung der Transaktionen ein Fundbecken für Weißwaschen von Geldern, die regulär nicht in den Markt kommen würden, weil das bei offiziellen Währungen sofort auffallen würde.

Für Montag, den 26. Februar, hat die EU-Kommission eine Gipfelkonferenz zur Kryptowährung einberufen. Was ist zu erwarten?
Man muss klären, wer überhaupt zuständig ist. Innerhalb der EU gibt es ja unterschiedliche Positionen. Schweden beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Krypto-Zentralbank-Geld. Die Balten sind dem sehr aufgeschlossen und wollten ja sogar innerhalb der Eurozone eine solche E-Währung ins Leben rufen, wozu die EZB einen negativen Beschluss erteilt hat. Zentralbankchef Mario Draghi fühlt sich – wie ich meine, zu Recht – nicht zuständig für die Regulierung dieser Währung.

Das fällt nationalen Aufsichtsbehörden und Zentralbanken zu?
Ja, das wird noch großen Diskussionsbedarf geben. Die Frage ist, ob diese Währungen den Namen Währungen als Zahlungsmittel verdienen, weil sie die Preisstabilität, die man sich von so einem Wertmaßstab erwartet, nicht aufweisen. Kryptowährungen erfüllen für mich daher auch nicht eine Wertaufbewahrungsfunktion.

Obwohl bei Bitcoins, trotz der jüngsten starken Rückgänge, sehr viele großen Profit in den letzten Jahren gemacht haben.
Ja, aber während unseres Interviews hier ist der Kurs innerhalb weniger Minuten gerade um ein paar Prozent gesunken. Bei jeder Währung, wie beim Euro oder Dollar, steht eine Volkswirtschaft dahinter, die Wertschöpfung eines Landes, oder einer Währungsregion. Bei dieser Geldschöpfung im Internet steht nur eine Technologie dahinter.

Blockchains stehen mit ihrer Nützlichkeit auch in anderen Bereichen jedoch außer Streit.
Diese Technologie ist interessant, wenn ich große Datenmengen habe, die Anwendungen reichen vom Health-Care-Bereich bis zum Bildungsbereich und zur industriellen Fertigung.

Finanzminister Hartwig Löger sprach angesichts des jüngsten Bitcoin-Skandals von einem Weckruf. Für einen pyramidenspiel-ähnlichen Bitcoin-Vertrieb holte man Leute ausgerechnet in ein Hotel namens Pyramide.
Die hätten spätestens bei der Einladung vorsichtig sein müssen. Die Leute, die das geglaubt haben, hatten offensichtlich Finanzkenntnisse unter ferner liefen und manchmal ist es ganz gut, wenn man für seine eigene Blödheit bestraft wird. Zum Abzocken gehören immer zwei.

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