Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Ewald Nowotny ist wegen der Börsenkurs-Rückgänge der vergangenen Tage nicht alarmiert. Es handle sich "bei dem Rückschlag eher um eine Normalisierung, ein vernünftiges Aufwecksignal", sagte er in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. Die Kurse seien jetzt dort, wo sie zum Ende des Vorjahres waren, das von deutlichen Zuwächsen geprägt war.

Hinter den Rückgängen stünde auch die Erwartung, dass die Notenbanken ihre Zinsen hinaufschrauben könnten. Unmittelbarerer Auslöser für die Rückschläge war ein rascherer und höherer Lohnzuwachs in den USA, der für mehr Nachfrage, rascher steigende Preise und damit ein rascheres Anheben der Zinsen sprechen könnte, so Nowotny.

In Europa werde es im Gegensatz zu den USA aber noch etwas dauern, bis der Leitzins - wie seitens der Fed schon geschehen - angehoben werde. Jedenfalls würden Gründe dafür sprechen, so Nowotny, der auch Mitglied des EZB-Rates ist. Ausgeschlossen ist laut Nowotny, dass die Leitzinsen in Europa noch heuer angehoben werden. Es fehle noch an der passenden Inflationsrate von rund 2 Prozent in der Eurozone. Diese liegt bei 1,4 Prozent. "Daher ist die EZB derzeit noch auf der vorsichtigen Seite", sagte der OeNB-Gouverneur. Bei Zinsen von länger laufenden Staatsanleihen sehe man aber bereits jetzt, dass die Zinsen anziehen würden.

Sparer von Niedrigzinspolitik betroffen

Das Staatsanleihen-Kaufprogramm ist abgesenkt worden, erinnerte Nowotny genau so, wie dass es per Ende September auslaufen wird und er nicht der Meinung ist, dass es noch fortgesetzt werden müsse. Wichtig sei das Vorgehen aber bestimmt gewesen, um den massiven Abschwung nach 2008 zu bremsen.

Freilich seien Sparer von der Niedrigzinspolitik betroffen. "Das ist der Preis dafür, dass insgesamt eine expansive Politik für das Überwinden der Wirtschaftskrise gemacht wurde, die die Menschen noch mehr berührt. Die Verlierer sind auf der Sparerseite. Gewinner sind die, die sich verschulden." Neben der Unternehmensfinanzierung würden auch junge Menschen profitieren, die einen Kredit zum Wohnungskauf aufnehmen.

Die heimische Politik rief Nowotny dazu auf, die derzeit brummende Konjunkturlage für die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen zu nutzen. Das geschehe zwar "tendenziell - man könnte aber ambitionierter sein". "Es gibt in der Wirtschaft keinen ewigen Aufschwung", sagte Nowotny in Richtung Bundesregierung, "man muss sich für schlechtere Zeiten wappnen. Jetzt ist die Zeit, das Haus wieder stabiler zu machen."

Bitcoin "Spekulationsobjekt"

Weiters bekräftigte Nowotny andere bereits bekannte Standpunkte: Die EZB sei beunruhigt, dass es in den USA Versuche gebe, politisch auf den Wechselkurs einzuwirken. Bitcoin sei "keine Währung", sondern ein anonymes "Spekulationsobjekt", wenn auch die dahinterliegende Blockchain-Technologie an sich für Banken und Notenbanken interessant sei und genutzt wird. Im Bankensektor würden in den kommenden zehn bis 15 Jahren rund 10.000 Jobs wegfallen, was aber die Bedeutung des Sektors nicht schmälere. Die Aufsicht in Österreich funktioniere. Bei einer näheren Zusammenführung von OeNB und FMA sei der Gesetzgeber am Zug.

Wienwert habe eine Gesetzeslücke genutzt. "Wahrscheinlich sind noch stärkere Gesetze nötig", denn die FMA habe alle Möglichkeiten in diesem Zusammenhang ausgenutzt.