Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) vollzog gestern erwartungsgemäß den Austausch von sieben von acht Aufsichtsräten in der ÖBB Holding AG und handelte sich dafür von den Oppositionsparteien massive Kritik parteipolitischer Umfärbung ein. Für die ausgehebelte Aufsichtsratschefin und Ex-SPÖ-Ministerin Brigitte Ederer wird bei den konstituierenden Sitzung am 28. Februar der Heta-Vorstand und Burschenschafter Arnold Schiefer zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt werden. Der einzig verbleibende, ÖVP-nahe Aufsichtsrat Kurt Weinberger dürfte erster Stellvertreter bleiben.

Mit den von Hofer vorgenommenen Umbesetzungen hat die FPÖ praktisch die Macht in der ÖBB-Holding übernommen. Von den Kapitalvertretern sind ihr sechs zuzurechnen gegenüber zwei ÖVP-nahen Aufsichtsräten, sowie vier Betriebsräten aus dem SPÖ-Lager. Mit seinem Vorsitzrecht kann Schiefer auch bei einer 6:6-Abstimmung den Kurs angeben. Doch mit dem gestrigen Postenerdrutsch ist es noch nicht getan.

Nächster Schritt

Der nächste Schritt folgt konsequenterweise in den großen Tochtergesellschaften ÖBB Infrastruktur, ÖBB Rail Cargo und ÖBB Personenverkehr. In Ersterer ist Ederer Aufsichtsratschefin, in den Aufsichtsräten der beiden anderen Gesellschaften ist sie jeweils Stellvertreterin des Vorsitzenden Andreas Matthä, CEO des ÖBB-Konzerns. Weil die Durchbesetzung Ederers einen Gesamtüberblick im Konzern ermöglichte, wäre es logisch, dass dies auch mit Schiefer so passiert. Der gestern in der Holding ausgetauschte Aufsichtsrat Paul Blumenthal, immerhin Ex-CEO der erfolgreichen Schweizerischen Bundesbahnen SBB, muss mit seiner Verabschiedung auch aus dem Gremium der ÖBB Infrastruktur und der Rail Cargo rechnen. Ob Hofer auch den aktiven SBB-Vorstand Philipp Gauderon im Infrastruktur-Aufsichtsrat austauscht, ist offen. Weitere SPÖ-nahe Aufsichtsräte wie die Ex-ÖBB-Marketingchefin Kristin Hanusch-Linser werden sicher weichen.

FPÖ-Mann Trattner

Wie weit in diesen drei Gesellschaften und weiteren ÖBB-Töchtern die absehbare Umfärbung die ÖVP mit einbindet, ist offen. Entscheiden kann Hofer. So hört man, dass der Verkehrsminister den ehemaligen FPÖ-Nationalrat Gilbert Trattner an die Aufsichtsratsspitze der ÖBB Infrastruktur holen möchte. Trattner war einst als Finanzvorstand einer von fünf Vorständen in der ÖBB Infrastruktur AG, ehe der Vorstand unter dem Ex-ÖBB-Chef Christian Kern auf drei reduziert wurde und Trattner nach Spekulationsverlusten gehen musste. Gemeinsam mit Schiefer, der nun in der Holding ganz oben sitzt.