Am vergangenen Donnerstag hat die Zentralbank der Eurozone zum achten Mal seit Juni 2024 die Zinsen gesenkt. Der für Banken und Sparer wichtige Einlagenzins sank um 0,25 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent. Damit hat die Notenbank den Einlagenzins seit Beginn der Zinssenkungen im vergangenen Sommer halbiert. Zugleich nahm die EZB den Refinanzierungssatz, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, um ebenfalls 0,25 Prozentpunkte, von 2,4 Prozent auf 2,15 Prozent zurück.
Robert Holzmann, der als Österreichs Nationalbank-Gouverneur auch Mitglied im EZB-Rat ist, war auf der Zinssitzung in Frankfurt der einzige Währungshüter, der den Zinsbeschluss nicht mitgetragen hatte. In der ZiB2 betonte er am Montagabend, dass man beim Inflationsziel, es liegt bei zwei Prozent, bereits angelangt sei und er verwies zudem auf die sieben Kürzungen des Zinsniveaus, die bereits zuvor erfolgt seien. „Daher hat für mich die Möglichkeit bestanden, bis zum Herbst vielleicht nicht zu senken, um sicher zu sein, dass die Unsicherheit über ökonomische Entwicklungen, nicht wieder zu einer Inflationsphase“ führe, so Holzmann.
„Es könnte sein, dass die Pause länger anhält“
Erwartet er im Juli bzw. im Rest des Jahres noch weitere Zinssenkungen. Holzmann bleibt vage, „die Entscheidungen fallen für jeden Termin extra mit eigenen Daten und eigenen Entscheidungen“, so Holzmann. „Es könnte sein, dass die Pause länger anhält, wenn die ökonomische Entwicklung sich verschlechtert, könnte es zu weiteren Zinssenkungen kommen“.
Während die Inflationsrate im Euro-Raum zuletzt knapp unter den zwei Prozent – und damit dem EZB-Zielwert – lag, ist sie in Österreich mit drei Prozent deutlich höher. Holzmann führt das vor allem auf den Service- und Dienstleistungsbereich zurück, hier liege die Inflation mit rund vier Prozent weit über dem europäischen Durchschnitt. „Das hängt damit zusammen, dass wir ein sehr serviceorientiertes Land sind und es schwierig ist, das Personal zu besorgen, daher ergibt sich eine Dienstleistungsinflation, die nicht neu ist, aber die anhaltend ist“, sagt Holzmann.
„Das ist ökonomisch nicht sinnvoll“
Die Kritik der österreichischen Unternehmensvertreter, dass die Arbeitskosten im Land zu hoch sind und die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen, kann der Nationalbank-Gouverneur nachvollziehen. Kann er auch die Forderung, die von der Gewerkschaft harsch kritisiert wird, nachvollziehen, dass es zumindest heuer Lohnabschlüsse unter der Inflation geben sollte, nachvollziehen? „Wir hatten in den letzten Jahren eine Lohninflation, die über das hinausging, was uns Wettbewerbsfähigkeit erhält. Daher verstehe ich den Wunsch der Unternehmer nach einer Lohnerleichterung voll“, so der Notenbank-Chef.
Das Argument, wonach niedrigere Lohnabschlüsse auch den Konsum beeinträchtigen und damit das Wachstum lässt er nicht gelten. Die Sparquote sei zum Teil gestiegen. „Höhere Löhne zu bezahlen, für ein Geld, das dann gespart wird, ist ökonomisch nicht sinnvoll.“
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) ist für das heurige Wirtschaftswachstum wieder optimistischer. Sie erwartet, wie es aus der am Freitag vorgelegten gesamtwirtschaftlichen Prognose hervorgeht, ein Ende der Rezession und rechnet nun mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,2 Prozent für 2025, nachdem sie im März noch ein Minus von 0,1 Prozent vorausgesagt hatte. In den kommenden Jahren wird ein weiteres Wachstum erwartet, stärkere Aufholeffekte wie bei vergangenen Krisen sind jedoch nicht zu erwarten.
Warum hinkt das Wachstum der Wirtschaft in Österreich dennoch weit hinterher? Die Wirtschaftsentwicklung sei in diesem Jahr von Beginn an gut gewesen, daher habe man die Prognose nach oben revidiert, so Holzmann. In Summe sei Österreichs Wirtschaft deshalb schwächer unterwegs als der Schnitt der Euro-Zone, weil zum einen die Konsumnachfrage aufgrund der hohen Sparneigung schwächer ausfällt als angenommen. Ein weiterer Grund sei eine zurückgegangene internationale Nachfrage nach österreichischen Produkten aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit, die auch aufgrund der hohen Lohninflation verloren gegangen sei, so Holzmann.
Pensionsantritt ab 70? „Arbeitsmarkt für Ältere schaffen“
Holzmann hat sich in der Vergangenheit wiederholt für eine Anhebung des Pensionsantrittsalters in Richtung 70 Jahre ausgesprochen. Er räumt in der ZiB2 auf Nachfrage aber ein, dass es „keinen Arbeitsmarkt für Ältere“ gebe und dass dies eine Aufgabe sei, die angegangen werden müsse – nicht nur in Österreich, sondern in allen Industrieländern. In Summe sei das die einzige Möglichkeit, um das System wieder zu stabilisieren, sagt Holzmann.
Holzmanns Mandat als OeNB-Gouverneur läuft Ende August aus, ihm wird dann der Ökonom und Ex-Wirtschaftsminister Martin Kocher nachfolgen.