Die Sparmaßnahmen der Bundesregierung treffen auch das Wirtschaftsministerium von Minister Wolfgang Hattmannsdorfer in beträchtlichem Ausmaß. Rund 150 Millionen Euro sollen dort allein in der Verwaltung eingespart werden. Der Minister sieht in dem Budget einen Beweis dafür, dass die Regierung entschlossen sei, „die Staatsfinanzen wieder in den Griff zu bekommen“, wie er am Donnerstagabend in der ZiB2 betont. Es gehe aber nicht um ein „Sparen um jeden Preis“, es gebe auch Wirtschaftsimpulse wie die „Entrümpelung des Steuerrechts“ und man verdopple die Basispauschalierung in zwei Jahresschritten, was dem Mittelstand zugutekommen werde. Zudem verweist er auf „ein Leistungspaket“, das etwa eine steuer- und abgabenfreie Mitarbeiterprämie von bis zu 1000 Euro ermögliche. „Die Gießkannenförderungen fahren wir aber zurück.“ Hattmannsdorfer nennt hier u. a. die PV-Förderungen, zumal die PV-Preise ohnedies gesunken seien oder auch Förderungen für Elektromobilität, „im Bereich der Erneuerbaren Energie werden wir sparen“, so der Minister, der auch betont: „Ich kann ja nicht ein Wirtschaftssystem aufbauen, das von Förderungen ad ultimo lebt.“ Er verwehre sich dagegen, „dass wir Dauerförderinstrumentarien schaffen, der Staat soll dann fördern, wenn er Impulse setzen will, wenn er steuern will“.
Mercosur? „Wir beurteilen, wenn der Vertrag vorliegt“
Für die Exportwirtschaft spielt die Handelspolitik eine zentrale Rolle und hier rückt das Mercosur-Freihandelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) wieder stark in den Fokus. Über das Abkommen wurde ja seit dem Jahr 1999 verhandelt, im Vorjahr gab es zwischen der für Handelsthemen zuständigen EU-Kommission und Mercosur eine Grundsatzeinigung. In Österreich gilt der Pakt als umstritten, nach wie vor gibt es einen gültigen Nationalratsbeschluss, der eine Zustimmung untersagt. Doch derzeit erfolgt dennoch eine Art Neuvermessung – auch in Österreich. Die Handels- und Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump und die globalen Folgen – in Kombination mit der seit drei Jahren andauernden Rezession in Österreich – haben der Debatte Schwung verliehen. In der Bundesregierung waren und sind die Neos seit jeher für den Mercosur-Pakt, die SPÖ eher dagegen, wobei sich zuletzt differenziertere Sichtweisen ergeben haben.
Kompliziert ist die Lage innerhalb der ÖVP: Der Wirtschaftsbund ist für das Abkommen, der Bauernbund dagegen. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) wollte sich am Donnerstagabend in der ZiB2 nicht final deklarieren, ob die ÖVP nun dagegen oder dafür ist. Er hoffe, dass der Mercosur-Vertragsentwurf im Sommer vorliege, auf dieser Grundlage werde man dann darüber sprechen, „wir beurteilen, wenn der Vertrag vorliegt“. Er verstehe die Sorgen der Bäuerinnen und Bauern, denn Qualitäts- und Produktstandards seien einzuhalten, man müsse sich aber eben zunächst den Text des Vertragsentwurfs anschauen. „Meine Position als Wirtschaftsminister muss es sein, die Exporte zu stärken“, so Hattmannsdorfer. Insgesamt sei eine Diversifizierung der Absatzmärkte für Österreichs Wirtschaft, die zwei von drei Euro im Export lukriert, essenziell.
Erweiterter Binnenmarkt mit Israel, Kanada, Japan und Korea?
Hinsichtlich der Handelspolitik müsse man „Europa neu denken, um nicht in Schönheit zu sterben“. Hattmannsdorfer hatte sich zuletzt mit der Idee einer Erweiterung des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) positioniert. Eine Erweiterung, die über die Grenzen des Kontinents hinausgehen soll, wie er betonte. „Wir müssen den europäischen Binnenmarkt größer denken - über die Grenzen unseres Kontinents hinaus. Es braucht eine neue europäische Handelsarchitektur, die bereits verlässliche Handelspartner wie Kanada und Israel noch stärker einbindet.“ In der ZiB2 nannte er u. a. auch Korea oder Japan als Beispiele. „Wenn wir uns darauf reduzieren, Europa nur zu verwalten und zu regulieren, dann wird das europäische Erfolgsmodell keine Zukunft haben.“ Europa drohe sonst unterzugehen, zwischen den USA, China und Indien, so seine Warnung.
Er brachte die Überlegungen zu einem „Binnenmarkt plus“ am Donnerstag auch beim EU-Handelsministerrat in Brüssel vor, was dort auf gemischte Reaktionen stieß. Schweden ist laut Hattmannsdorfer bereits auf seiner Seite. Andere Länder wie Deutschland oder Frankreich zeigten sich am Donnerstag zurückhaltender: Sein französischer Amtskollege Laurent Saint-Martin forderte, zuerst neue Freihandelsabkommen vorzubereiten und abzuschließen, bevor man einen gemeinsamen Binnenmarkt schaffe: „Die Vertiefung von Handelsbeziehungen bedeutet Freihandelsabkommen.“ Auch die neue deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche äußerte sich zurückhaltend: Die Zukunft Deutschlands und auch Europas hänge von einem freien, regelbasierten Welthandel ab.
Laut Hattmannsdorfer gelte es, neben einem Abbau von Zöllen auch „neue Formen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu schaffen, die über herkömmliche Freihandelsabkommen“ hinausgehen, so Hattmannsdorfer. Von einem „Binnenmarkt Plus“ erhofft er sich den Abbau von „nicht-tarifären Hürden“, etwa durch gegenseitige Anerkennung von technischen Normen und Industriestandards sowie Ausbildungen und Abschlüssen. Grundlage dafür könnten Abkommen sein, die beispielsweise mit Israel im Pharmabereich bereits stehen. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) umfasst derzeit die 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen.
Hattmannsdorfer betonte bereits vor dem Ratstreffen in Brüssel am Donnerstag die Bedeutung guter transatlantischer Beziehungen. Durch das entschiedene Handeln der EU und der Mitgliedstaaten sei Trump bereit einzulenken, so der Minister: „Diese Chance sollten wir auch nutzen.“ Die Zoll-Deals zwischen Großbritannien oder China sind für ihn aber keine guten Beispiele: „Mit uns kann es nur Verhandlungen auf Augenhöhe geben, keine PR-Gags.“ Mit einem Nachschärfen der Gegenmaßnahmen müsse Europa klarmachen, „wir sind ein fairer, aber selbstbewusster Verhandlungspartner“. Er warnte auch davor, im digitalen Bereich nachzugeben. Europa müsse hier seine Souveränität zurückgewinnen: „Es kann nicht sein, dass digitale Handelsmärkte von den USA kontrolliert werden.“