US-Präsident Donald Trump hat aus Sicht des Ökonomen Gabriel Felbermayr einen Handelskrieg ausgelöst. Dieser Konflikt müsse jedoch nicht von Dauer sein, betonte der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo gegenüber der dpa. „Ja, es ist ein Handelskrieg, aber man sollte es mit dieser Vokabel nicht übertreiben“, meinte er.
Felbermayr für „Nadelstiche“ gegen USA
Der Begriff werde dann verwendet, wenn ein Land ein anderes Land mit Zöllen überziehe, die nicht den normalen völkerrechtlichen Abmachungen entsprechen, so Felbermayr. Der Ökonom hält die EU-Strategie für richtig, Verhandlungsbereitschaft mit der Androhung von Gegenmaßnahmen zu verbinden. Neben Zöllen auf US-Importe könnte die EU „Nadelstiche“ setzen, indem sie Exportzölle auf Produkte einhebt, die nur in Europa hergestellt werden - etwa gewisse pharmazeutische Mittel oder Maschinen zur Chip-Herstellung, sagte Felbermayr. „Das wäre dann für die Amerikaner schwer zu verkraften“.
Mit seiner fast globalen Zoll-Strategie will Trump die heimische Produktion stärken und Handelspartner zu Zugeständnissen bewegen. Wie stark die EU darunter leide, hänge von der Dauer der Maßnahmen ab, sagte Felbermayr. Würden die 20-prozentigen Zusatzzölle auf EU-Exporte sowie die 25-prozentigen Aufschläge auf Automobile und Metall bis 2027 gelten, „dann würden wir damit rechnen, dass der Handel um 20 bis 40 Prozent abnimmt.“
Wirtschaftsminister für härtere Linie
„Das Gute an Handelskriegen ist ja, dass man sie sehr schnell wieder beenden kann“, meinte Felbermayr. Eine ideale Lösung des Konflikts wäre aus seiner Sicht, wenn beide Seiten sich am Ende auf eine engere Handelskooperation einigen würden. Dazu müsste die EU Handelsbarrieren abbauen - etwa in den Bereichen Landwirtschaft oder im Digital-Sektor, sagte er. Weniger konsensual gibt sich Österreichs Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), der dafür plädiert, „eine Drohkulisse“ gegenüber den USA aufzubauen, um die Verhandlungsposition der EU zu stärken. Aus taktischen Gründen sei es notwendig, den USA gegenüber anzudeuten, „dass wir ein drittes Paket in Vorbereitung haben“, sagte Hattmannsdorfer nach der Regierungsklausur. Dabei sollten vor allem Tech-Konzerne in den Fokus genommen werden, aber nicht nur mit Zöllen, sondern auch über steuerliche und regulatorische Maßnahmen.
EU will Gegenzölle fixieren
Für Mittwochnachmittag wird erwartet, dass sich die EU auf erste Gegenmaßnahmen zu den US-Stahl- und Aluminiumzöllen einigt, die bereits vor Trumps großem Maßnahmenpaket in Kraft getreten waren. Dabei werden entgegen ursprünglicher Planungen voraussichtlich keine Zusatzzölle auf amerikanischen Whiskey erhoben. Konkret stehen nach Angaben aus EU-Kreisen etwa 25 Prozent auf Sojabohnen, Kleidungsstücke sowie Eisen-, Stahl- und Aluminiumwaren zur Abstimmung. Für andere Waren sollen zehn Prozent fällig werden. Insgesamt soll die Liste 66 Seiten umfassen.
Wie die FAZ berichtet, sollen manche Zölle bereits kommende Woche in Kraft treten. Die meisten Gegenzölle sollen demnach von Mitte Mai und die Abgaben auf Mandeln und Sojabohnen erst vom 1. Dezember an greifen.
Mit der Liste der Produkte in dem zweiten Paket von Gegenzöllen zeigte sich Hattmannsdorfer zufrieden. Ziel sei es, vor allem republikanisch regierte US-Bundesstaaten zu treffen mit den Zöllen etwa auf Rindfleisch, Soja oder Holzprodukte. Dabei sei es gelungen, Produkte auszunehmen, die Österreichs industrielle Vorproduktion betreffen. „Die Liste entspricht zur Gänze den Vorstellungen der österreichischen Wirtschaft“, so der Wirtschaftsminister.
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China reagiert hart: 84 Prozent
China hat den USA nach dem Inkrafttreten weiterer Sonderzölle mit Gegenmaßnahmen gedroht. Das Recht der Volksrepublik auf Entwicklung dürfe nicht verletzt werden, und China werde weiter wirksame Maßnahmen ergreifen, sagte Außenamtssprecher Lin Jian in Peking. Zuvor waren neue Sonderaufschläge der US-Regierung unter Präsident Donald Trump in Kraft getreten, wodurch für Waren aus China insgesamt 104 Prozent Zölle anfallen.
Unter dem Druck der US-Zölle plant die chinesische Führung Insidern zufolge in Kürze eine Krisenkonferenz mit führenden Vertretern von Politik, Notenbank und Regulierungsbehörden. Das Treffen könne schon am Mittwoch stattfinden, sagten zwei mit den Vorgängen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Und es dauerte nicht lange: Peking erhöht die Zölle auf US-Waren auf 84 Prozent. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg soll der Einfuhrzoll schon ab Donnerstag gelten. Zuvor hatte der Zoll 34 Prozent betragen, als Reaktion auf Trumps Erstschlag. Die Strafzölle haben sich also gegenseitig hochgeschaukelt.
Im Vorfeld legte die Pekinger Führung laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua ein Weißbuch zur Handelspolitik mit den USA vor. Die Pekinger Führung erklärte, das Land wolle keinen Handelskrieg, „aber die chinesische Regierung wird niemals tatenlos zusehen, wie die legitimen Rechte und Interessen des chinesischen Volks verletzt werden“.
Der chinesische Präsident Xi Jinping betonte in einer Grundsatzrede die Bedeutung guter Beziehungen zu den Nachbarländern der Volksrepublik. Es sei notwendig, die umfassende Kooperation zu vertiefen.