Für Endkunden dürften die Strompreise moderat sinken, erwartet E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Dennoch liegen sie weiterhin über dem Vorkrisenniveau. Das Auslaufen staatlicher Unterstützungsmaßnahmen wie der Strompreisbremse zum Jahreswechsel sowie die deutlich gestiegenen Netztarife führen im Schnitt zu jährlichen Mehrkosten von 200 bis 300 Euro pro Haushalt.
„Ein beträchtlicher Teil davon“ ließe sich jedoch durch einen Wechsel des Stromanbieters einsparen, so Urbantschitsch. „Wer derzeit 16 oder 17 Cent pro Kilowattstunde zahlt, sollte einen Anbieterwechsel in Erwägung ziehen.“ Aktuell seien Neukundentarife bereits ab 10 bis 11 Cent pro kWh verfügbar.
Erheblicher Aufholbedarf
Österreich hat bei den Wechselraten erheblichen Aufholbedarf im zweistelligen Prozentbereich, stellt E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch fest. Das Wissen der Österreicher über ihre Stromrechnung sei gering: Lediglich 30 Prozent wüssten, wie viel sie für eine Kilowattstunde Strom zahlen, bei Gas sind es sogar nur 16 Prozent. Laut einer Umfrage haben 52 Prozent der Strombezieher noch nie ihren Energielieferanten gewechselt, während lediglich 20 Prozent bereits mehrfach den Anbieter gewechselt haben. Helfen würde laut E-Control eine Umstellung der Jahresabrechnung auf zwölf monatliche Abrechnungen.
Das Jahr 2024 habe den Wettbewerb am Energiemarkt zumindest teilweise zurückgebracht. Dennoch zeigt sich Urbantschitsch unzufrieden: „Ich bin mit dieser Wettbewerbssituation nicht zufrieden – da gibt es noch viel zu tun.“
„Gasversorgung ist gesichert“
Die Österreicher müssten sich keine Sorgen um die Gasversorgung machen, beruhigt der Regulator. Aufgrund der verstärkten Ausspeicherungen im Winter – zwei Drittel des gespeicherten Gases wurden entnommen – sind die Gasspeicher derzeit noch mit 44,1 Terawattstunden (TWh) gefüllt. Das entspricht 43 Prozent der gesamten Speicherkapazität bzw. 55 Prozent des österreichischen Jahresgasverbrauchs. Laut E-Control-Vorstand Alfons Haber sei die Gasversorgung auch im kommenden Winter gesichert. Neben der strategischen Gasreserve und der Verpflichtung der Versorger, 30 TWh einzuspeichern, tragen auch die Leitungskapazitäten aus Italien und Deutschland zur Stabilität der Versorgung bei.
Jedes fünfte Haus hat eine PV-Anlage
Der Photovoltaik-Boom ging 2024 weiter: 20.000 neue Anlagen wurden pro Quartal errichtet, die ans Netz angeschlossenen PV-Anlagen weisen eine Gesamtleistung von 8289 Megawatt (MW) auf. 2022 sind 1000 MW, 2023 2500 und 2024 2200 MW PV-Erzeugung ans Netz gegangen. Insgesamt sind in Österreich derzeit 470.000 PV-Anlagen in Betrieb. Haber: „Auf 22 Prozent der Wohngebäude in Österreich – also auf jedem fünften – wurde eine PV-Anlage installiert.“ Das bedeutet, dass bereits rund 25 Prozent der in Österreich an das Netz angeschlossenen Erzeugungsleistung von 33.600 MW PV-Anlagen sind.“ Die Steiermark und Niederösterreich sind dabei jene Bundesländer, in denen es 2024 die meisten Anträge gegeben hat, und zwar mit jeweils rund 28.000 Anträgen. Auch Batteriespeicher werden immer beliebter. So wurden im Jahr 2024 von den Verteilnetzbetreibern über 47.000 Speicher gemeldet, 2023 lag diese Zahl noch bei 23.375.
Da sich der Strommarkt massiv verändert und die Stromerzeugung zunehmend dezentral erfolgt, seien neue gesetzliche Regelungen erforderlich, so Haber. Netzentgelte müssten gerechter verteilt werden, und eine stärkere Beanspruchung des Netzes sollte mit höheren Kosten verbunden sein.
Evaluierung des Netzausbaus
Angesichts der Milliardenkosten für den Netzausbau – allein der Netzbetreiber Austrian Power Grid (APG) spricht von mehr als neun Milliarden Euro – fordert Urbantschitsch eine Evaluierung der geplanten Maßnahmen. Es müsse hinterfragt werden, ob der Ausbau tatsächlich „bedarfsgerecht“ sei und ob Einsparungen möglich wären, indem man ihn redimensioniere. „Derzeit ist der Netzausbau so ausgelegt, dass jederzeit eine Kilowattstunde PV-Strom ins Netz eingespeist werden kann.“