Es ist eine Art der Initialzündung, die man von Start-ups, also den besonders findigen und wachstumsorientierten Jungunternehmen, gerne hört. Auch bei Aleksej Sinicyn führte die Beobachtung von Freunden und Verwandten zur Geschäftsidee. „Ich bekam im privaten Umfeld mit, dass viele Angst vor dem Steuerausgleich hatten – oder gar nicht wussten, wie man das macht“, erzählt er. Dabei ist der Lohnsteuerausgleich, der offiziell als Arbeitnehmerveranlagung (ANV) firmiert, eine gute Gelegenheit, sich vom Fiskus zu viel bezahlte Steuer zurückzuholen. Bis zu fünf Jahre kann die ANV rückwirkend berechnet werden.

Aleksej Sinicyn tüftelt in Folge an einer digitalen, niederschwelligen Lösung für den Steuerausgleich. Sein Ziel: „Es darf bei der Arbeitnehmerveranlagung keine fachlichen, finanziellen und sprachlichen Hürden geben.“ Daraus entsteht 2022 das Start-up Taxefy. Zwischen „fünf und acht Minuten“ soll es maximal dauern, per App die notwendigen Daten für die ANV einzupflegen. Taxefy, verfügbar in acht Sprachen, leitet einen dabei per betont simpel formulierten Fragen an. Im Hintergrund ordnet die App automatisiert von den Usern „angeführte Ausgaben den korrekten Kennzahlen zu“, wie Sinicyn erklärt. Später wird die Gutschrift vorberechnet und die Daten an die Finanz übermittelt. Kommt es zu einer überwiesenen Steuergutschrift, holt sich Taxefy zehn Prozent davon als Provision. Ist der übermittelte Antrag nicht erfolgreich, fallen für die User auch keine Kosten an.

Kritik von Kammer und Finanz

Schon kurz nach dem Start von Taxefy ist die Aufmerksamkeit groß. Doch mit dem Interesse der Nutzerinnen und Nutzer steigt auch die Kritik. 2023 kommt es zu einer Warnung der „Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW)“. Kritisiert wird vor allem die Art und Weise der Daten-Übermittlung an die Finanz. Diese stößt sich wiederum an den „sehr allgemein gehaltenen Fragen“, die „oftmals unwissentlich zu rechtswidrigen Angaben seitens der Antragssteller“ führten. Außerdem verspreche die App eine höhere Steuerrückzahlung, als sie von der Finanzverwaltung gegeben würde.

Taxefy-Gründer Aleksej Sinicyn
Taxefy-Gründer Aleksej Sinicyn © Taxefy

Taxefy muss den direkten Draht zum Finanzamt über mehrere Monate kappen und adaptiert das Angebot. So wird mit der „TAX APP TXFY Steuerberatungsgesellschaft mbH“ unter anderem eine Steuerberatungskanzlei an Bord geholt. „Der Steuerberater übermittelt die Anträge ans Finanzamt“, sagt Aleksej Sinicyn.

Jetzt ist die App wieder vollumfänglich verfügbar und das Start-up im Offensivmodus. Eine „fast sechsstellige Zahl an Usern“ hätte bereits über Taxefy ihre Arbeitnehmerveranlagung eingereicht, bei den Downloads will man die Marke von 300.000 übertroffen haben. Selbst von einer geografischen Expansion ist die Rede. Sinicyn: „Wir sehen Potenzial für 500.000 bis 600.000 App-Downloads und wollen noch in diesem Jahr in ein neues Land expandieren.“

Taxefy verspricht eine betont simple Herangehensweise
Taxefy verspricht eine betont simple Herangehensweise © Taxefy

Zugleich ziehen wieder dunkle Wolken auf, der Disput mit der KSW bekommt dieser Tage eine neue Dimension. Auf Anfrage der Kleinen Zeitung heißt es seitens der Interessensvertretung, dass man „gegenüber der Taxefy GmbH Klage vor dem Handelsgericht Wien erhoben hat“. Aus Sicht der KSW stehe das „bisherige Vorgehen“ von Taxefy „nicht mit den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben (genauer gesagt: mit den für Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen geltenden berufsrechtlichen Vorschriften) in Übereinstimmung“.

Bei Taxefy reagiert man vorerst gelassen. „Die Klage nimmt Bezug auf eine frühere Version, die schon längst geändert wurde“, sagt Aleksej Sinicyn. Auf die Abwicklung der ANV und auf die Taxefy-Kunden in Summe hätte all das „keinerlei Auswirkungen“.