Die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 430.000 Handelsangestellten haben am Dienstag in der ersten Verhandlungsrunde keine Annäherung gebracht. Die Gewerkschaft rief nach dem Ende der Gespräche zu Betriebsversammlungen vom 2. bis zum 8. November auf. Die Gewerkschaft warf nach der Verhandlung den Arbeitgebern eine „völlig unverständliche“ Haltung vor, die Arbeitgeber sprachen von „Realitätsferne“ der Arbeitnehmer. Am 9. November soll aber weiterverhandelt worden.

Die Gewerkschaft fordert ein Gehaltsplus von elf Prozent. Von Oktober 2022 bis September 2023 lag die Inflation bei 9,2 Prozent. Die Arbeitgeber verwiesen auf die schwierige wirtschaftliche Lage im Handel und wollen „kreative“ Lösungen für den KV-Abschluss. Sie stellen auch infrage, ob die 9,2 Prozent Inflation die Basis für Verhandlungen sein müssen.

Es gehe um „eine faire und dauerhafte Erhöhung der Gehälter“, sagte die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Helga Fichtinger von der GPA vor Beginn der KV-Verhandlungen bei einem gemeinsamen Pressestatement mit WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik. Neben dem Gehaltsplus wolle man mehr Urlaubstage „für die Erholung und die Lebensqualität“ der Handelsbeschäftigten.

Trefelik: „Multiple Krisen“

WKÖ-Handelsobmann Trefelik weist auf Rezession 2023, hohe Inflation, Konsumzurückhaltung, rückläufige reale Umsätze im Handel sowie steigende Insolvenzzahlen hin. Daher gebe es wenig Spielraum für die KV-Verhandlungen. Eine derartige Situation mit „multiplen Krisen“ habe es „seit 40 Jahren“ nicht gegeben. „Heuer wird es ein ganz, ganz schwieriger Verhandlungsprozess“, erwartet Trefelik. „More of the same, weil es 40 Jahren so gelaufen ist, dass wird nicht gehen.“ Man werde für den KV-Abschluss „Kreativität brauchen“.

Vergangenes Jahr hatten die Arbeitgeber bei den Handels-KV-Verhandlungen neben einem Gehaltsplus auch eine steuerfreie Einmalzahlung angeboten. Die Gewerkschaft kann sich eine Einmalzahlung nur als zusätzlichen Bonus vorstellen und fordert eine Gehaltserhöhung über der Inflationsrate.

Die GPA fordert bei den diesjährigen KV-Verhandlungen anstatt der jahrelang ventilierten „leichteren Erreichbarkeit“ der sechsten Urlaubswoche nun zusätzliche dauerhafte „Freizeittage“, nämlich ab fünf Dienstjahren drei Arbeitstage, ab sieben Dienstjahren zwei Arbeitstage und ab zehn Dienstjahren einen Arbeitstag. Weiters wünschen sich die Arbeitnehmervertreter einen gemeinsamen Sozialpartner-Prozess zur generellen Arbeitszeitverkürzung. Außerdem fordert die Gewerkschaft einen Zuschlag für Mehrarbeitszeiten ab der ersten Stunde der Überschreitung über das vereinbarte Arbeitszeit-Ausmaß hinaus. Für Mitarbeiter mit 30 Dienstjahren solle es zwei Bruttomonatsgehälter und zwei zusätzliche freie Tage als Prämie geben. „Als Wertschätzung und Ausgleich für die lange Tätigkeit“, so Fichtinger.

Vier Runden fixiert

Vorerst sind vier Verhandlungsrunden fixiert. Fichtinger wollte zunächst das Angebot der Arbeitgeber abwarten. Ganz grundsätzlich sei die Gewerkschaft für Kampfmaßnahmen bereit, Vorratsbeschlüsse gebe es aber nicht.

Im Vorjahr lag die als Verhandlungsbasis für den Handelskollektivvertrag herangezogene rollierende Inflation bei 6,9 Prozent. Nach fünf Verhandlungsrunden und einer Streikdrohung einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auf ein Gehaltsplus von sieben Prozent und mindestens 145 Euro ab 1. Jänner 2023. Damit belief sich die durchschnittliche Erhöhung der KV-Gehälter laut Gewerkschaft auf 7,3 Prozent. Bei den Mindestgehältern betrug die Erhöhung bis zu 8,7 Prozent. Das Vollzeit-Einstiegsgehalt für Handelsangestellte liegt seitdem bei monatlich 1945 Euro brutto (1535 Euro netto).

Knapp zwei Drittel der Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Knapp 60 Prozent der Frauen im Handel arbeitet Teilzeit, bei Männern liegt die Teilzeitquote nur bei rund 13 Prozent.