Vom weißen bis zum schwarzen "Dan" findet beim ATUS Köflach jeder Gurt seinen Träger. Erst neulich konnten sich die Kickboxer bei der alljährlichen Gurtprüfung auszeichnen. Aktuell laufen die Vorbereitungen für die steirische Landesmeisterschaft im Frühjahr. Ob die Athleten dafür schon gerüstet sind, darf die Kleine Zeitung bei einem Probetraining vor Ort herausfinden. Los geht es in der Turnhalle der MS Köflach mit dem traditionellen Grußwort "Oss" und einer Verbeugung. Eine der vielen Übersetzungen des japanischen Wortes ist, dass man mit Willenskraft alles erreichen kann. Die wird nötig sein, damit ich die nächsten beiden Stunden unbeschadet überstehe. "Es ist schon ein körperbetonter Sport, man darf nicht kontaktscheu sein. Aber heute wird niemand mit einer gebrochenen Nase nach Hause gehen", beruhigt Obmann Gerhard Linhart.

Krafttraining zum Aufwärmen

Bevor gekämpft wird, muss man sich erst einmal aufwärmen. Auf das Einlaufen folgt minutenlanges Armkreisen, das zum Schultertraining mutiert, von dem man auch noch am nächsten Tag zehrt – in Form eines Muskelkaters. Dann geht es ans Dehnen: Durch die Bank kommen alle Athleten mit durchgestreckten Knien locker zum Boden, meiner Beweglichkeit werden erste Grenzen aufgezeigt. "Wir trainieren immer zwei Stunden lang, davon wird in der ersten Hälfte aufgewärmt und gedehnt. Danach teilen wir uns in Anfänger, Fortgeschrittene und die Kampfmannschaft auf und üben die Grundtechniken beim Sparring", erklärt Linhart.

Wichtig: Zum Selbstschutz muss die Ausrüstung angelegt werden. Spezielles Schuhwerk, Schienbeinschoner, Tiefenschutz für den Unterleib, Kopf- und Zahnschutz. Mit Helm ist das Training gleich intensiver, weil man sofort ins Schwitzen kommt. "Man kann noch so ausdauernd sein, wenn man zwei Minuten auf der Matte steht, sind sogar Spitzensportler erschöpft," weiß Anja Krobath, die seit 2018 kickboxt und mittlerweile den Grüngurt trägt.

Ausweichmanöver halten Schlagversuchen stand

Alles beginnt beim richtigen Stand. Fußtritte und Schläge sind erlaubt, sofern man den Kopf und Torso trifft. Als blutiger Anfänger genieße ich das Privileg, nur auszuteilen und nichts einstecken zu müssen. Wohl auch, damit die Vereinsmitglieder keine Beschwerden in der Zeitung lesen müssen. Aber auch das ist leichter gesagt als getan – zu flink weicht mein Sparring-Partner aus. Bis ich einen Treffer landen kann, werden die Arme schon schwer, das Gesicht ist längst schweißnass.

Neue Mitglieder nehmen die Kickboxer immer in ihren Reihen auf, sechs- bis zwölfjährige Kinder sind ebenso willkommen. "Beim Kindertraining legen wir viel Wert auf Koordination, damit die Techniken der Schlag- und Trittkombinationen von Anfang an richtig erlernt werden. Aber natürlich wird auch viel gespielt, damit die Kinder Spaß haben", so Trainer Gerald Wagner.

Freiwilliges "Abhärten"

"Viele glauben, wir gehen im Kampf brutal aufeinander los, das ist aber ein Vorurteil. Die Verletzungsgefahr ist im Vergleich zu Fußball viel geringer, da wir wissen, was auf uns zukommt. Es geht um das Erlernen und Anwenden der Techniken, um gezielt Punkte zu machen. Dafür muss man seinen Gegner lesen können", erklärt Linhart. Stattdessen härten sich die Athleten gerne freiwillig ab: Schläge auf den angespannten Bauch stecken die Sportler weg wie sachte Schubser. Gebrochene Nasen und blaue Augen stehen tatsächlich nicht auf der Tagesordnung. Ein Lichtblick, dass dieses Versprechen hält.