Bis auf den letzten Platz gefüllt war Freitagabend das „Haus 23“ (Alte Wirtschaftskammer) in Judenburg. Die Kleine Zeitung lud unter dem Motto „Reden Wir“ zu einer Debatte im Vorfeld der Gemeinderatswahlen. Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten aller sechs Parteien – Elke Florian (SPÖ), Andreas Brugger (ÖVP), Birgit Heim (FPÖ), Kurt Tanner (Grüne), René Windegger (KPÖ) sowie Roland Gall (JUNG mit Neos) – stellten sich einer intensiven Diskussion, moderiert von den „Kleine“-Redakteuren Maria Steinwender und Josef Fröhlich.
Emotionaler Auftakt
Der Abend begann mit einem emotionalen Moment abseits der Politik: Bürgermeisterin Elke Florian bat um eine Schweigeminute für die verunglückte 16-jährige Schülerin, die wenige Tage zuvor bei einem Mopedunfall in Judenburg ums Leben gekommen war.
Streitfrage Handel
Bevor die Diskussion losging, gab es dann noch eine Überraschung für die Diskutanten: Ein Quiz mit Fragen rund um Judenburg lockerte die Stimmung auf. Ernst wurde es dann rasch mit Beginn der Fragenrunde. Der erste Themenblock betraf die Innenstadt und die Infrastruktur. Ein heikles Thema, ist doch gerade der Leerstand für Judenburg ein riesiges Problem. Schnell wurde klar, dass sich Bürgermeisterin Elke Florian an diesem Abend auf viel Gegenwind einstellen muss. Florian sprach vom „Handel im Wandel“: „Wir müssen uns damit abfinden, wir werden keine Handelsbetriebe mehr in die Stadt bekommen.“ Stattdessen sollte die Innenstadt attraktiviert werden, als Beispiel die Bespielung leerer Schaufensterflächen.
Kritik von Opposition
Dem konnte VP-Spitzenkandidat Andreas Brugger wenig abgewinnen: „Judenburg ist historisch gesehen die Stadt der Konzepte, nicht der Umsetzung. Wir bringen nichts auf den Boden! Schaufenster mit Kunst? Das ist zu wenig.“ Auch FP-Kandidatin Heim schloss sich dem an. Viel Applaus gab es für den Grünen Kurt Tanner, der einen Schulterschluss forderte: „Die Bürger müssen die Stadt wieder auf die Beine stellen. Wenn wir die Stadt nicht benützen, ist sie tot! Die historische Altstadt ist der Wert, den wir haben.“ Von einer „katastrophalen Lage“ sprach Roland Gall, für ihn ein „Sinnbild der absoluten SPÖ-Herrschaft über Jahre“. Auch René Windegger sprach von „Fehlern der Vergangenheit, die sich rächen“, der Leerstand sei auch durch hohe Mieten bedingt.
Zurückgewiesene Kritik
Auch der zweite Themenblock der Dauerbrenner Finanzen hatte es in sich: Wie eng ist es wirklich für Judenburg, droht der finanzielle Kollaps, wollte Josef Fröhlich von den sechs Kandidaten wissen. Die Meinungen gingen auseinander: „Wir stehen nicht vor dem Kollaps“, versprach Elke Florian. „Wenn es so weitergeht, droht der Kollaps“, widersprach Andreas Brugger. Eine konsequente Budgetkonsolidierung samt Verwaltungsreform forderte die FPÖ ein, Florian wehrte sich gegen das „Verwaltungsbashing“: „Wir sind ausführendes Organ und denken uns wenig selbst aus.“
Viele Vorschläge
Rezepte gegen die Abwanderung waren im nächsten Themenblock gefragt. Ein Transparenzportal für Gemeindewohnungen forderte Birgit Heim, quer über alle Parteigrenzen hinweg wurde Kinderbetreuung genannt. Die Grünen könnten sich eine verkehrsberuhigte Innenstadt vorstellen, Roland Gall sprach die Idee von Konzerten im Stadion an. Brugger konnte dem wenig abgewinnen: „Herr Gall würde gerne eine Eventagentur machen, der Herr Tanner zerstört die letzten Geschäfte. So funktioniert das nicht.“
Visionen für die Stadt
In die Zukunft gerichtet formulierten die sechs Politiker schließlich ihre Visionen für Judenburg in zehn Jahren. Brugger sprach von einer „Geisterstadt Judenburg, wenn die SPÖ die Mehrheit behält“. Straßensanierungen und ein „klar durchdachter Gesundheitsraum“ sowie eine generationenfreundliche Stadt schweben der ÖVP vor. Tanner skizzierte seine Vision anschaulich, mit einem Wohnquartier in der autofreien Kaserngasse und einer belebten Innenstadt mit konsumfreien Zonen für alle Altersgruppen. Transparenz schwebt der Bürgerliste von Roland Gall vor, etwa Livestreams von Gemeinderatssitzungen. Den Spitalsstandort zu erhalten ist neben leistbarem Leben ein Wunsch der KPÖ. Auf Unverständnis im Publikum stießen die Ausführungen von Birgit Heim, die von einer lebens- und liebenswerten Stadt als Zukunftsvision sprach. „Das ist sie jetzt schon!“, tönte es vielfach aus dem Publikum. Bürgermeisterin Florian dankte für alle Ideen, sprach aber das Problem der Finanzierbarkeit an. Sie selbst wolle gerne „weiterkämpfen für Judenburg“.
Nun sind Bürgerinnen und Bürger dran
Am Ende kam das Publikum zu Wort, ein riesiges Thema war dabei das Schwimmbad. Für Kurt Tanner belastet das Bad das Stadtbudget massiv und ist nicht attraktiv genug, die Bürgermeisterin wiederum bekannte sich dazu. Nach rund zwei Stunden wurde die Diskussion offiziell beendet, im Foyer wurden freilich noch lange nach Ende Meinungen ausgetauscht.
Es war ein Abend, der viele Antworten brachte und eine harte, aber faire Diskussion. Letztlich werden die Wähler die alles entscheidende Antwort geben: bei den Gemeinderatswahlen am 23. März.