Was genau auf Kindberg am Freitag zukommen würde, wusste niemand so genau. Im Vorfeld hatte die Stadt zu einer Demonstration gegen das künftige Asylquartier aufgerufen, für Kindberg eine Premiere: "Das ist die erste Demo in Kindberg, an die ich mich erinnern kann", sagte Bürgermeister Christian Sander (SPÖ). Auch von kritischen Stimmen innerhalb seiner Partei, die eine Bühne für Demonstranten aus der rechten Szene wie zuletzt im oberösterreichischen St. Georgen befürchteten, ließ sich Sander nicht ausbremsen, "weil es darum geht, für Aufregung auf bundespolitischer Ebene zu sorgen".

Entsprechend groß fielen Medieninteresse und Polizeipräsenz aus. "Es wäre schön, wenn später auch so viel Polizei da ist, wenn das Asylheim aufsperrt", meinte ein Passant. Er gehörte zur überschaubar großen Gruppe von rund 200 Demonstranten, die um 13 Uhr beim Rathaus aufbrachen, dem Regen trotzten und wenige Minuten später vor dem früheren Landespflegeheim Position bezogen. Die von manchen befürchtete Instrumentalisierung der Demonstration durch Vertreter der rechten Szene blieb aus. Unter den Teilnehmern fanden sich vielmehr bekannte – zum Teil auch in der Kommunalpolitik aktive – Gesichter aus Kindberg und den umliegenden Gemeinden, die ihren Unmut kundtaten und von Kindberg als "Bauernopfer" sprachen. "Wir sind extra aus Mitterdorf gekommen", sagte eine Frau, die es allerdings bedauerlich fand, dass eine Kundgebung vor dem künftigen Asylquartier ausblieb.

Angst vor bis zu 1000 Asylwerbern

Was künftig im Asylquartier vonstattengehen wird, weiß niemand so genau. Selbst die Baufirmen, die vor allem im hinteren Teil des Gebäudes tätig sind und sich so den neugierigen Blicken der Bevölkerung entziehen, kommen nicht aus der Region. "Die heimischen Firmen haben offenbar abgesagt, da merkt man, wie viele Emotionen in dem Thema stecken", sagte Sander. Zusätzlichen Antrieb erhalten diese Emotionen auch von der Angst, dass die Zahl der 250 Asylwerber – dabei soll es sich ja um vulnerable Personen handeln – letztlich nicht stimmen wird. "Ich glaube nicht, was uns erzählt wird. In Spital/Semmering und Leoben hat man sich auch nicht daran gehalten", meinte Sander. Schließlich sei das Gebäude groß genug, um durch die Nutzung von Stockbetten 1000 oder mehr Asylwerber dort unterzubringen.

Dass Kindberg mit seinen 8100 Einwohnern aber bis zu 1000 Asylwerber beherbergen soll, will Sander jedoch nicht akzeptieren, "weil solche Massenquartiere mit Asylpolitik nichts zu tun haben". Immer noch wehrt sich die Gemeinde mit Rechtsanwälten gegen die Aufnahme des Betriebs, der ja schon mit Jahresbeginn 2023 erfolgen soll. Zusätzlich hat Sander den Kontakt mit anderen betroffenen Bürgermeistern aus ganz Österreich aufgenommen, die ebenso mit – zu großen – Asylquartieren zu tun haben.

FPÖ-Landeschef Mario Kunasek (l.) im Gespräch mit Bürgermeister Christian Sander
FPÖ-Landeschef Mario Kunasek (l.) im Gespräch mit Bürgermeister Christian Sander © Marco Mitterböck

Unterstützung gab es bei der Demonstration von FPÖ-Landesparteichef Mario Kunasek, der ebenso wie Sander einen Kurswechsel in der Asyl- und Migrationspolitik forderte: "Die Aktion in Kindberg hat gezeigt, dass die Menschen keine überdimensionierten Massenunterkünfte für Asylwerber haben wollen. Die Kindberger Bevölkerung hat die volle Unterstützung der FPÖ in ihrem berechtigten Bestreben, dieses Asylheim zu verhindern."

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