Vor einem halben Jahr wurde die obersteirische Gemeinde Kindberg von einer Bluttat erschüttert, als ein 35-Jähriger mit einer „scharfkantigen Doppelkopfaxt“ mit 17 Zentimetern Länge in einem Wohnhaus erschlagen wurde „Zumindest 20 wuchtige Hiebe im Kopfbereich sowie elf Stiche“ wurden im Obduktionsergebnis angeführt. Als tatverdächtig galt sein damals 14-jähriger Bruder, der sich am Montag am Landesgericht Leoben verantworten musste.

Die schreckliche Tat ereignete sich im September 2024
Die schreckliche Tat ereignete sich im September 2024 © Pototschnig Franz

Bereits bei seiner ersten Vernehmung hatte sich der Jugendliche geständig gezeigt, vor Gericht gab er an, dass es immer wieder Streit zwischen ihm und seinem Bruder gegeben habe. Der letzte schwere Konflikt ereignete sich am 15. September des Vorjahres, am nächsten Tag blieb der damals 14-Jährige der Schule fern und überlegte, wie er seinen Bruder töten könnte. Dabei recherchierte er auch im Internet zum drohenden Strafmaß, dann erschlug er den schlafenden Bruder mit mindestens 20 Hieben einer sogenannten „Wikingeraxt“ und versetzte ihm elf Messerstiche.

Acht Jahre und zwei Monate Haft

Für diese Tat wurde er nun zu acht Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Laut Richterin Sabine Anzenberger seien sein umfassendes Geständnis, seine schwierige Kindheit und die bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten, erschwerend kommen hingegen das brutale, hinterhältige und planmäßige Vorgehen hinzu: „Sie haben nicht ein- oder dreimal, sondern 30-mal zugeschlagen und zugestochen, auch als ihr Bruder schon tot war.“ Und: „Ein reumütiges Geständnis konnte ich heute nicht erkennen.“

Außerdem wertete das Schöffengericht die mehrmalige Änderung der Verteidigungsstrategie als erschwerend: „Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum sie das getan haben.“ Sein Verteidiger Raimund Schüller hatte zuvor in der Verhandlung eine Reihe von entlastenden Faktoren eingebracht, unter anderem auch einen sexuellen Missbrauch durch das spätere Opfer. „Es tut ihm leid, er hat keinen anderen Ausweg mehr gesehen. Ich ersuche um eine milde Strafe.“

Raimund Schüller vertrat den 15-jährigen vor Gericht
Raimund Schüller vertrat den 15-jährigen vor Gericht © KLZ / Franz Pototschnig

Die Staatsanwaltschaft schenkte dieser Version wenig Glauben, der sexuelle Missbrauch sei auch nicht mehr nachweisbar. „Der Angeklagte hat seinen Bruder regelrecht abgeschlachtet“, hielt Staatsanwältin Anika Maierhofer in ihrem Plädoyer fest. In der Verhandlung hatte der 15-Jährige mehrmals auf das angespannte Verhältnis zum späteren Opfer verwiesen. Er erzählte von häufigem Streit, auch aus nichtigen Anlässen, etwa wenn der Jugendliche den Geschirrspüler nicht ausgeräumt hat, obwohl ihm das der Ältere befohlen hatte.

Staatsanwältin Anika Maierhofer verwies auf die Brutalität der Tat
Staatsanwältin Anika Maierhofer verwies auf die Brutalität der Tat © KLZ / Franz Potoschnig

„Habe die falsche Entscheidung getroffen“

„Ich wollte einfach, dass er weg ist“, antwortete er auf die Frage der Richterin, ob ihm das Strafausmaß von bis zu zehn Jahren diese Tat wert gewesen sei. Er habe lange mit der Axt vor dem schlafenden Bruder gestanden und überlegt: „Und ich habe die falsche Entscheidung getroffen“, so der 15-Jährige. Mit der Axt und dem Messer im Rucksack hatte er im Anschluss das Haus verlassen, später informierte er seine Schwester über die Tat, bald darauf wurde der Schüler festgenommen.

Sabine Anzenberger (2.v.r.) befragte den Jugendlichen zu seinem Verhältnis zum Mordopfer
Sabine Anzenberger (2.v.r.) befragte den Jugendlichen zu seinem Verhältnis zum Mordopfer © KLZ / Franz Pototschnig

Die 27-jährige Schwester des Angeklagten war auch als Zeugin geladen, sie sagte nicht aus. Die Aussage des leitenden Kriminalbeamten wurde nicht benötigt, weil der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte. Laut Gutachter Peter Hofmann liege bei ihm keine schwere psychische Störung wie etwa Schizophrenie und auch keine manisch-depressive Beeinträchtigung vor. Die Entscheidung zur Tat sei „freie Willensbildung“ gewesen.

Aber: „Eine Gefährlichkeit im engeren Sinne lässt sich bei ihm nicht nachweisen“, so Hofmann. Jugendpsychologe Roland Bugram attestiert ihm sehr deutliche Leistungs-, Trennungs- und Versagensängste, sowie ein „gewisses Eigenbrötlertum“.

Angeklagter nahm Urteil an

Der Jugendliche und sein Verteidiger baten mehrmals um ein mildes Urteil. „Er ist kein brutaler Mörder, er wollte seinem Martyrium ein Ende setzen“, hielt Schüller in seinem Abschlussplädoyer fest. Die Mutter des Angeklagten bezeichnete ihren Sohn als „immer lieb und höflich“ und nicht als aggressiv oder böse. „Ich bereue meine Tat. Wenn ich es könnte, würde ich sie rückgängig machen“, sagte der 15-Jährige.

Richterin Sabine Anzenberger sah „kein reumütiges Geständnis“ des Jugendlichen
Richterin Sabine Anzenberger sah „kein reumütiges Geständnis“ des Jugendlichen © KLZ / Franz Pototschnig

Das Urteil von acht Jahren und zwei Monaten nahm der Jugendliche an, auch seine erziehungsberechtigte Mutter und der Anwalt. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. „Sie können bei guter Führung nach der Hälfte der Zeit rauskommen, sieben Monate haben Sie schon abgesessen“, führte Anzenberger aus.