Jedes Jahr im September kommt Waldemar Lautischer in die Redaktion der Kleinen Zeitung in Liezen. Er bucht eine kleine Anzeige, „zum Gedenken an meine liebe Frau“. Riss doch ein tragischer Unfall Friederike Lautischer vor fünf Jahren aus seinem Leben. „Ich vermisse dich so sehr“, steht neben ihrem Foto. Was genau bewegt ihn zu dieser Geste? Wir haben ihn in seinem Haus in Liezen besucht.

Es ist eine schöne Liebesgeschichte, die uns der 83-Jährige im Wintergarten des Ehepaares erzählt. Kennengelernt hatten sich die beiden in den 60er-Jahren im Zuge ihrer Arbeit beim AHT-Vorgänger Bauknecht in Rottenmann. „Sie war 19, ich 25, sie war aus Gams, ich aus Wildalpen - wir haben uns aber nicht gekannt, obwohl wir nur 18 Kilometer entfernt voneinander aufgewachsen sind.“ Beide wohnten damals im Rottenmanner „Ledigenhaus, die Burschen im Parterre und die Weiberleut im ersten Stock“. Am Nachhauseweg kam man des Öfteren ins Gespräch. Was ist ihm damals besonders ins Auge gestochen? „Sie war schon eine liabe Gretl“, sagt er verschmitzt und zieht ein flottes Foto von Friederike Lautischer in ihren Zwanzigern aus seiner Geldtasche.

Friederike Lautischer in ihren Zwanzigern
Friederike Lautischer in ihren Zwanzigern © KLZ / Veronika Höflehner

Um mehr über sie zu erfahren, lud Lautischer ihre Freundin am Heimweg ins „Ledigenhaus“ auf einen Kaffee ein: „Das hat sie mir ewig vorgehalten, dass sie damals alleine heimgehen musste“, erzählt er lachend. Dabei hatte Lautischer nur Augen für seine Friederike. Was er von der Freundin erfuhr, bestärkte ihn in seinem Werben: „Ich wollte immer ein Mädchen aus einer großen Familie und kein Einzelkind, das war mir immer suspekt.“ Und beide kamen aus einfachen Familien, „wir haben nichts gehabt“.

„Wir haben noch gesagt: Es geht uns so gut“

Waldemar Lautischer nahm sich ein Herz und schlug Friederike vor, gemeinsam einen Betriebsausflug nach Budapest zu machen. „Da hab‘ ich immer geschaut, dass ich in ihrer Nähe sitze.“ Der Rest habe sich dann ergeben. Lange Zeit lebte man in „wilder Ehe“, zuerst noch in getrennten Haushalten, dann gemeinsam in einer Wohnung in Liezen. Das gefiel Lautischers Vater so gar nicht: „Du kannst sie doch nicht so hinhalten, hat er immer gesagt. Aber wir hatten einfach keine Eile“, sagt er rückblickend.

Die beiden heirateten am 16. Juni 1973 in Wildalpen
Die beiden heirateten am 16. Juni 1973 in Wildalpen © KLZ / Veronika Höflehner

Im Juni 1973 schlossen die beiden in Wildalpen den Bund fürs Leben, 1980 bezogen sie ein Haus im Liezener Ortsteil Tausing. Bis ins Jahr 2020 sollten die beiden fast 50 Ehejahre in glücklicher Zweisamkeit erleben. „Zehn Tage vor ihrem Tod haben wir gemeinsam eine Tour auf das Gindlhorn gemacht, zu meinem Geburtstag. Wir sind da ganz alleine gesessen und haben sinniert: Es geht uns so gut, wir haben es so schön. Wir haben keine finanziellen Sorgen, keine Streitigkeiten mit der Verwandtschaft und ein gutes Verhältnis mit unseren Nachbarn“, sagt er mit Tränen in den Augen.

Schicksalhafter Septembertag

Am 28. September 2020 fiel Friederike Lautischer beim Putzen im Wintergarten von der Leiter rund dreieinhalb Meter auf den harten Fliesenboden. „Ich hab‘ noch geschaut, ob sie eh Schuhe anhat und keine Schlapfen. Aber sie hatte die Leiter verkehrt aufgestellt und ist umgekippt“, sagt der 83-Jährige, er war damals im Nebenzimmer. Die 73-Jährige wurde daraufhin bewusstlos ins Krankenhaus geflogen: „Die Ärztin meinte, sie hat in ihrer 30-jährigen Erfahrung kein so schwer geschädigtes Gehirn gesehen.“ Bis in die Morgenstunden kämpfte Friederike Lautischer um ihr Leben, ihr Mann hielt ihr die Hand. „Die Ärztin hat gemeint, dass ihr Herz nicht aufgeben will, es arbeitet und arbeitet.“

Auch nach fünf Jahren ist kein Tag vergangen, an dem Waldemar Lautischer nicht an seine Frau denkt: „Sie ist abwesend, aber immer noch da. Die Weste, die sie immer am Tag angehabt hat, hängt noch über ihrem Sessel.“ Um das Gedenken an sie frisch zu halten, schaltet er jedes Jahr eine Anzeige: „Das Leben ist so schnell, vieles wird vergessen. Die Anzeige soll ein gemeinsames Erinnern sein, ein Andenken an meine Frau. Und vielleicht erinnern sich dann andere auch an sie“, schließt er.