Dass die Ärztekammer seit Monaten intensiv über den Fortbestand des Mutter-Kind-Passes verhandelt, ist bekannt. Gegenüber Gesundheits- und Familienministerium, aber auch den Sozialversicherungsträgern hat man den Druck zuletzt massiv erhöht. Gestern zog man schließlich den Schlussstrich: "Es ist das Ende für den Mutter-Kind-Pass", sagt Dietmar Bayer, stellvertretender Obmann der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte. Er unterstreicht: "Mit 15. Dezember werden wir den aktuellen Vertrag kündigen." Dann starte die vertraglich vereinbarte dreimonatige Kündigungsfrist.

Heißt im Klartext: "Ab März werden diese Leistungen bei den Ärztinnen und Ärzten etwas kosten", so Bayer. An den Tarifen, die man möglichst einheitlich gestalten will, werkt bereits eine Arbeitsgruppe: "Die Summen sind noch nicht bekannt, aber alle nötigen Untersuchungen, die auch für den Bezug von Sozialleistungen erforderlich werden, könnten auf mehrere Hundert Euro kommen", skizziert der Kammer-Funktionär. Betroffen sind viele Gebiete – von der Allgemeinmedizin bis zur Kinder- und Jugend- oder Frauenheilkunde.

Hinter den Kulissen geht es ums Geld

Die Kammer jedenfalls ortet seitens der Vertragspartner nur Lippenbekenntnisse, wesentliche Fortschritte seien in den bisherigen, zähen Gesprächen ausgeblieben: "Die Zeit läuft uns davon", stellte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer klar. Er wie auch andere Funktionäre sprechen von einem "österreichischen Erfolgsmodell" und appellieren an Politik und Versicherungen, doch noch einzulenken. Thomas Fiedler, Kurienobmann der Bundessparte Frauenheilkunde, unterstrich schon am Vortag in diversen Medienmeldungen, dass die Ärzteschaft sich ihrer Verantwortung bewusst sei und man nicht aus einer Laune heraus handle.

Tatsächlich geht es hinter den Kulissen ums Geld: "Seit 28 Jahren sind die Tarife nicht mehr angepasst worden – zeigen Sie mir jemanden, der heute noch für dasselbe Geld arbeiten geht, wie damals", sagt Bayer. Er hoffe dafür auf das Verständnis der Bürger.

Ministerien über Ärztekammer-Vorgehen irritiert

Der Ärztekammer schwebt in den Verhandlungen dem Vernehmen nach nicht nur eine Anpassung der Tarife vor, sondern auch eine Ausweitung der Leistungen. Aktuell stehen Kindern bis ins Vorschulalter die Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes zu. Die Standesvertretung der Mediziner strebt nun eine Umbenennung in "Eltern-Kind-Pass" an, in dem Leistungen bis zur Volljährigkeit abgegolten werden: "Damit hätte die Bundespolitik die Chance, das exzellente bisherige Angebot auszuweiten", meint Bayer.

Apropos Politik: Die zuständigen Gesundheits- und Familienministerien zeigten sich von der Vorgehensweise der Ärztekammer irritiert. Auf Nachfrage vermute man, dass die Vertretung der Mediziner den Druck kurz vor Verhandlungsende abermals erhöhen will. Beide Ministerien glauben unisono, dass der Abschluss für die neuen Tarife kurz bevorstehe.