So ein Güterzug kann ganz schön viel Schaden anrichten, wenn er entgleist. Im Extremfall 150 Millionen Franken, wie die schwerwiegende Havarie im Gotthard-Basistunnel vom August 2023 drastisch vor Augen führte. Sieben Kilometer Gleisanlage wurden zerstört, der Tunnel monatelang gesperrt – das alles nur, weil eine Radscheibe an einem hinteren Wagon gebrochen war und der Lokführer vorne nichts davon bemerkte.
Wie auch: „Güterlokomotiven haben so viel Kraft, dass sie entgleiste Wagons einfach weiterschleifen. Im Führerstand spürt man davon nichts“, sagt Günter Petschnig. Der Mitgründer des Grazer Schienengüterverkehrs-Spezialisten PJ Monitoring beschäftigt sich seit 25 Jahren mit den Eigenheiten des Zugtransports. Eine nach wie vor stiefmütterlich behandelte Branche, nur 500.000 Güterwagons sind europaweit im Einsatz. Verglichen mit den rund sechs Millionen Lkw ein Leichtgewicht, das trotz der politischen Ambitionen, den Warenverkehr auf die Schiene zu verlagern, weiterhin ein Nischendasein fristet.
Bei PJ Monitoring will man sich damit nicht abfinden: Um den schienengebundenen Gütertransport sicherer, zeitgemäß und vor allem wettbewerbsfähig zu machen, setzen die Grazer Messtechnikspezialisten auf Digitalisierung: „Güterzüge sind in der Regel zwischen 30 und 60 Jahre alt, technologisch völlig überholt. Anders als im Personenverkehr haben einzelne Wagons nicht einmal eine Stromversorgung“, sagt Christoph Lorenzutti, der sich mit Petschnig die Geschäftsführung teilt. Das veraltete Rollmaterial muss also zunächst einmal elektrifiziert werden – dafür haben die Techniker einen Stromgenerator entwickelt, der ohne großen Aufwand an eine Radscheibe angebracht werden kann.
So lassen sich auch die ältesten Wagons ins 21. Jahrhundert befördern: Mit bis zu 100 Watt versorgt der Generator Sensoren im Wagon, die dem Lokführer sicherheitsrelevante Informationen melden: über den Zustand der Bremsen, mögliche Schäden der Ladung und eben auch, ob ein Wagon entgleist ist. Bei bis zu 750 Meter langen Güterzügen lässt sich mit digitaler Technik auch die Zugvorbereitung wesentlich beschleunigen. „Nach wie vor muss jede Bremse an den Wagons händisch kontrolliert werden, bevor der Zug losstarten kann. Das ist eine harte, anstrengende Arbeit, die noch dazu meistens in der Nacht erfolgt. Man findet dafür immer weniger Personal“, so Petschnig. Die Digitalisierung könnte den Personalbedarf verringern – und somit die Kosten für den Schienentransport senken.
Hohe Stromkosten, aufwändige Instandhaltung, fehlende Schienenanbindung an große Logistikzentren – es sind viele Faktoren, die den Güterzug teurer machen als den Lkw. Aber schon kleine Verbesserungen können einen großen Kostenunterschied machen. PJ Monitoring hat ein digitales Messsystem für die Beladung von Holzwagons entwickelt. Es zeigt den Arbeitern an, wann das Maximalgewicht erreicht ist und beschleunigt so den Verladeprozess. Seit zehn Jahren ist das System bereits europaweit im Einsatz – Elektronik, Software und Blechteile stammen allesamt aus der Steiermark. Maschinenbauer, Messtechniker, Elektrotechniker, Softwareentwickler, Mechatroniker und Monteure arbeiten gemeinsam an der Weiterentwicklung der Technologien. Petschnig: „Ziel ist, den smarten Güterzug auf Schiene zu bringen. Nun muss der Güterverkehr aufspringen.“