Die Zahl der Festgenommenen nach dem bundesweiten Schlag gegen die Hass-Kriminalität ist auf 20 angestiegen. Wie die Landespolizeidirektion Steiermark am Freitag mitteilte, sind der „AG Venator“ zwei weitere Verdächtige ins Netz gegangen. Die beiden Männer, sie sind erst Anfang 20, wurden am Freitag in der Steiermark festgenommen und in die Justizanstalt Graz-Jakomini eingeliefert. Über die U-Haft muss binnen 48 Stunden entschieden werden. 13 weitere Tatverdächtige befinden sich weiterhin in Haft.

Wie berichtet, hatten die selbst ernannten „Pedo-Hunter“ in sieben Bundesländern Männer mittels gefälschter Profile auf Dating-Apps zu Sex-Treffen mit vorgeblich jüngeren Männern (und auch Frauen) an meist abgelegenen Orten gelockt. Dort wurden die Opfer von gleich mehreren Tätern aufgelauert, verprügelt, ausgeraubt und erniedrigt. So mussten die Opfer mit ihren Peinigern tanzen oder ihre Eltern anrufen, um ihr „Verbrechen“ zu beichten. In einem Fall im Bundesland Salzburg wurde einem Opfer der Kopf kahl rasiert, auch schlugen die Angreifer mit einem Baseballschläger zu. Stets wurden die brutalen Attacken und Erniedrigungen mitgefilmt, die Videos in einschlägigen Gruppen geteilt.

Unterschiedliche Ideologien

Bisherige Ermittlungen und Einvernahmen hätten das Ausmaß der Brutalität der Täter bestätigt, heißt es aus dem Landeskriminalamt. Die ausgewerteten Chatverläufe und Videos der Straftaten hätten auch weitere Erkenntnisse zur Motivlage gebracht. Die Polizei spricht von „ideologisch unterschiedlich veranlagten Tatverdächtigen“ – und tritt damit Meldungen entgegen, wonach die Angreifer durchwegs dem rechtsextremen Milieu angehören. Vielmehr sei der offensichtliche Spaß an roher Gewalt der „kleinste gemeinsame Nenner“ aller Beteiligten – die Kleine Zeitung berichtete.

Gruppendynamische Prozesse hätten die Gewalt der zumeist jungen Täter immer weiter aufgeschaukelt, so LPD-Sprecher Markus Lamb zur Kleinen Zeitung. Jugendliche, die sich zunächst nur als Mitläufer beteiligt hatten, ließen sich so selbst zu brutalsten Attacken hinreißen. „Wären wir vorige Woche nicht massiv in die Szene hineingegangen, hätte es früher oder später wohl Tote gegeben“, vermutet ein Ermittler. Da die einzelnen Tätergruppen arbeitsteilig und hierarchisch agierten, prüft die Staatsanwaltschaft Graz jetzt auch den Tatbestand der kriminellen Vereinigung, den sogenannten „Mafia-Paragrafen“ 278.

Homosexuelle waren „leichte Opfer“

Der Großteil der bisherigen Tatverdächtigen im Alter zwischen 14 und 26 Jahren zeigt sich überwiegend geständig. Reue würden sie aber keine zeigen, hört man von den Ermittlern. Und es habe sich auch herausgestellt, dass es die Täter in vielen Fällen gar nicht störe, dass ihre Opfer schwul sind. Sie wählten nur bevorzugt nicht offen homosexuell lebende Männer aus, weil sie diese als „leichte Beute“ betrachteten. Tatsächlich meldeten sich viele Opfer aus Scham nicht bei der Polizei.

Bisher sind keine weiteren Opfer bekannt

Das dürfte auch der Grund sein, dass die „AG Venator“ weiterhin nur 17 Opfer namentlich kennt, aber von einer weit höheren Dunkelziffer ausgeht. Auch die Zahl der eingegangenen Hinweise sei an einer Hand abzuzählen. Die Polizei versichert: „Opfer derartiger Straftaten genießen seitens der Ermittlungsbehörden besonderen Schutz“. Daher ruft man weiterhin Opfer auf, sich (auch vertrauensvoll) unter Tel. 059133/60-3333 bzw. per Mail LPD-ST-LKA-AG-VENATOR@polizei.gv.at an das LKA Steiermark zu wenden.