Jener 20-Jährige, der für mindestens 27 Bombendrohungen gegen Bahnhöfe, Schulen und Behörden in Österreich verantwortlich sein soll, wurde Mittwochabend nach einer Razzia in der Schweiz verhaftet. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen prüfte zuvor seit Montagnachmittag den europäischen Haftbefehl aus Österreich. Fix ist mittlerweile: Die Schweiz liefert den Mann nicht nach Österreich aus. Als Schweizer Staatsbürger müsste er diesem Vorgehen zustimmen, was der Mann bisher verweigert hat. Auch eine U-Haft wurde (noch) nicht verhängt.

Ulrike Breiteneder, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Linz, bestätigt gegenüber der Kleinen Zeitung bereits zuvor, dass gegen den Mann hierzulande vor längerem ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Dieses stehe allerdings in keinem direkten Zusammenhang mit den aktuellen Drohungen. Der 20-Jährige soll schon in der Vergangenheit durch Delikte wie gefährliche Drohungen, Nötigung und versuchte Erpressung in Oberösterreich auffällig geworden sein. Nicht zuletzt deshalb ist die Linzer Behörde federführend an den österreichischen Ermittlungen beteiligt. Auffällig sei laut „Oberösterreichischen Nachrichten“ (OÖN), dass sich der junge Mann nach bisherigen Erkenntnissen nicht persönlich in Oberösterreich aufgehalten haben soll. Das Motiv für die Taten gibt den Ermittlern also Rätsel auf.

Erste Details zu Ermittlungen gegen Bombendroher

Sämtliche Hinweise gingen anonym per Telefon und über digitale Kanäle wie Chats ein. Im Fall der Drohungen gegen Bahnhöfe kamen E-Mails zum Einsatz. Über deren Inhalt war bisher wenig bekannt. Doch nun ist klar: In den Nachrichten soll es immer wieder „Allahu Akbar“ – „Gott ist groß“ geheißen haben, wie die OÖN berichtet. Ob die Taten tatsächlich islamistisch motiviert sein könnten, ist aber zur Stunde unklar. Laut „Kronen Zeitung“ gingen die Ermittler vom Staatsschutz am Montag davon nicht aus.

Auch zu den Ermittlungen sickern nun erste Details durch: Obwohl die E-Mails, über die die Drohungen verbreitet wurden, anonym versendet worden waren, konnte der Täter seine digitalen Spuren im Internet offenbar nicht gänzlich verwischen. So dürfte eine Anfrage bei Microsoft wesentlich zur Identifizierung des Verdächtigen beigetragen haben. Brisant ist in diesem Zusammenhang, dass die Schweizer Behörden in den vergangenen Monaten ähnliche Drohungen gegen Bahnhöfe und Infrastruktur registriert hatten. Auch in diesen Fällen laufen offenbar Erhebungen im Nachbarland.

Schweiz prüft Schritte gegen Bombendroher weiter

Hierzulande ermitteln die Beamten nun weiter. Konkret geht es um die Tatbestände des „Landzwangs“ und „terroristischer Straftaten“. Diese Delikte können laut österreichischem Strafrecht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Breiteneder bestätigt gegenüber der Kleinen Zeitung und den OÖN: „Wir haben die Schweizer Behörden um Auslieferung nach Österreich ersucht.“ Diesem Ersuchen wurde also nicht stattgegeben. Für diesen Fall habe Österreich beantragt, dass die Schweiz das Verfahren übernimmt.

Bis zuletzt blieb offen, wie mit dem Verdächtigen verfahren wird. Nicht zuletzt, weil die Schweiz das Rechtshilfeersuchen aus Österreich intensiv prüfte. Dies könne, hieß es zunächst auf Anfrage der Kleinen Zeitung, wenige Tage bis mehrere Wochen dauern. Erst danach entscheide die Staatsanwaltschaft St. Gallen über weitere Schritte. Dass der 20-Jährige in einer Klinik für psychiatrische Erkrankungen sitzen soll, wie mehrere Medien berichteten, wurde bisher weder von Österreich noch der Schweiz offiziell bestätigt.

Bombendroher oft Männer mit psychischer Erkrankung

Unwahrscheinlich ist das nicht: Die zertifizierte Profilerin und Verhaltensanalytikern Patricia Staniek betonte schon vor Wochen gegenüber der APA, dass Bombendrohungen meist auf männliche Täter im Alter von circa 20 bis 45 Jahren zurückgehen. Auch psychische Erkrankungen seien demnach gängige Bestandteile von Täterprofilen: „Oft leiden Bombendroher unter Persönlichkeitsstörungen oder psychologischen Problematiken“, so die Kriminologin, die Gastdozentin an der Uni Wien und der FH Wiener Neustadt ist. Täter würden dabei oft auch antisoziale Merkmale zeigen, „wie psychopathische, narzisstische und oder soziopathische Tendenzen“.

Auch soziale Isolation, Probleme mit Beziehungen sowie soziale Interaktionen seien Teil eines solchen Täters. Viele seien laut Staniek auch technikaffin: „Seriendroher, insbesondere Bombendroher, folgen oft einem bestimmten Täterprofil, obwohl individuelle Unterschiede bestehen.“ Aufmerksamkeitsgewinn und Geltungsdrang seien laut der Expertin eine häufige Ursache, Rachegefühle gegen einzelne Institutionen könne man aber nicht ausschließen.