Während rote Polizeigewerkschafter gerade für ein Volksbegehren zum „kritischen Personalmangel“ bei der Polizei trommeln, zeichnen die Verantwortlichen ein ganz anderes Bild. Über eine wahre Flut an Bewerberinnen und Bewerbern freut man sich in der Landespolizeidirektion Steiermark. 1460 junge Frauen und Männer haben sich heuer bereits beworben, das sind um 26 Prozent mehr als im ganzen Jahr 2023. In diesem Jahr haben 277 Personen mit der Grundausbildung begonnen, ein weiterer Kurs mit 30 Plätzen startet im Dezember. „Damit ist unser Bildungszentrum voll ausgelastet“, sagt Landespolizeidirektor Gerald Ortner, Kurse werden daher auch nach Ybbs und Wels ausgelagert.

Mit Stand 1. August beschäftigte die steirische Polizei 4581 Bedienstete, davon sind 4170 im Exekutivdienst. „Im Vergleich zu 2016 sind das um 800 mehr“, verdeutlicht Ortner und spricht von einem historischen Höchststand. Eingerechnet sind auch die 550 Polizeischüler, weil sie der Exekutive eingeschränkt schon zur Verfügung stehen.

Höheres Einstiegsgehalt

Den hohen Zulauf zum Polizeiberuf führt man großteils auf die Rekrutierungsoffensive zurück, die vor zwei Jahren gestartet wurde. In der Landespolizeidirektion wurde dazu ein eigenes Büro eingerichtet. Bezirksinspektor Sabri Yorgun ist dort einer der Verantwortlichen. „Viel gebracht hat auch ein neues Maßnahmenpaket im Vorjahr“, erzählt er. Ein Argument ist sicher das höhere Einstiegsgehalt. Polizeischüler verdienen schon im ersten Jahr 1760 Euro, im zweiten bis zu 2150 Euro netto. Zusätzlich gibt es das Klimaticket Steiermark und auch den Führerschein können Neulinge auf Kosten der Polizei machen. „Dass sichtbare Tätowierungen kein Ausschlussgrund mehr sind, ist ebenfalls hilfreich“, sagt Yorgun.

Durch die hohe Anzahl an Bewerbern könne man tatsächlich die Besten aussuchen, eine Nivellierung nach unten finde nicht statt, so Landespolizeidirektor Ortner. Die Drop-Out-Quote sei verschwindend gering, ergänzt Yorgun, nur während der Grundausbildung würden Leute vereinzelt wieder aussteigen. „Wichtig ist: Wir werben für den Dienst auf den Polizeiinspektionen, denn das bildet die Basis. Jeder kann sich aber nach ein paar Jahren spezialisieren. Wir brauchen Spezialisten in allen Bereichen“, sagt Ortner.

Ballungszentren haben Vorrang

Trotz der guten Personalzahlen hört man immer wieder Klagen über Fehlstände, etwa in den Bezirken Liezen und Bruck-Mürzzuschlag. Man setze das Personal dort ein, wo der Bedarf am größten ist, heißt es dazu aus der Landespolizeidirektion. Die Kriminalitätsrate sei eben in Graz und anderen Ballungszentren höher. „Im ländlichen Raum geht es um eine Art polizeiliche Grundversorgung, die auch wichtig ist“, sagt Ortner. Außerdem habe sich die Organisation innerhalb der Polizei vollkommen verändert. Neue Sondereinheiten wie die Bereitschaftseinheit und die schnellen Interventionsgruppen werden überörtlich eingesetzt. Damit könne man die Kräfte dort bündeln, wo sie gerade gebraucht werden.

„Aber ja, wir haben zuletzt zielgerichtet dort geworben, wo es lange Zeit nur wenige Bewerber gab. Mit dem Erfolg, dass wir jetzt überproportional viele Bewerber aus dem Bezirk Liezen haben“, berichtet Sabri Yorgun. Nach Abschluss der Polizeischule sollen diese Polizistinnen und Polizisten dann eine Dienststelle in der Nähe ihres Heimatortes verstärken.