Als die Familie Kramer 2008 von den Niederlanden nach Österreich zog, war die Welt noch in Ordnung. Die Eltern von zwei Söhnen und zwei Töchtern hatten sich bei einem Österreich-Urlaub in den Ort Maria Alm verliebt und sich dort mit der Eröffnung eines Hotels ihren Lebenstraum erfüllt. Nur zwei Jahre später schlug das Schicksal aber brutal zu: Die Mutter erkrankte an Krebs und verstarb. „Wir haben früh mitbekommen, dass man immer weiterkämpfen muss“, verwies Marita „Sara“ Kramer auf diese schwierige Zeit, als sie nun im ÖSV-Hotel in Riezlern über die WM-Goldene im Team-Bewerb von Oberstdorf reflektierte.

Aber natürlich überwog bei der 19-Jährigen, die mit Daniela Iraschko-Stolz, Chiara Hölzl und Sophie Sorschag auf der Normalschanze triumphierte, die Freude über das gerade Erreichte. Kramer hatte mit den weitesten Sprüngen in beiden Durchgängen (in der Einzelwertung hätte sie über 15 Punkte Vorsprung auf die Konkurrenz gehabt) maßgeblichen Anteil am Gold, das sie tags zuvor im Einzel-Bewerb noch aufgrund einer nicht nachvollziehbaren Anlaufverkürzung verloren hatte.

Leichteres Aufwachen als Weltmeisterin

„Es wacht sich als Weltmeisterin natürlich leichter auf als am Tag davor“, lächelte die Salzburgerin. Über die „Blecherne“ vom Donnerstag wollte Kramer gar nicht mehr nachdenken, sagte aber: „Es war technisch einer meiner schlechtesten Sprünge. Dass vor mir der Anlauf verkürzt wurde, kann ich nicht beeinflussen. Fraglich war es schon, aber es war nicht mein Tag und deswegen kam eben nur der vierte Platz heraus.“

Geht es um die Frage nach ihrem Erfolgsrezept, sagt die gebürtige Niederländerin: „Ich weiß einfach sehr gut, was ich will, und kann meinen Fokus schnell nach vorne und auf das Positive richten. Ich wollte schon als Kind immer gewinnen und ganz oben stehen. Das ist mir jetzt gelungen. Außerdem möchte ich den Sport auf den nächsten Level heben und noch mehr Menschen dafür begeistern. Das Fliegen ist ja auch unglaublich inspirierend – da fühlt man sich so frei und leicht“, schwärmt Kramer, die in ihrem steigenden Bekanntheitsgrad viel Positives sieht: „Wenn das so ist, hat man als Sportlerin viel richtig gemacht. Und wenn man die Menschen als Sportlerin inspirieren kann, ist das cool. Ich selbst wurde von Gregor Schlierenzauer, Dani Iraschko-Stolz und Maren Lundy inspiriert.“

Rufname Sara, fließendes Salzburgerisch

Zudem lüftet Kramer das Geheimnis um ihre Vornamen, heißt sie doch offiziell Marita, wird aber von allen Sara gerufen. „In Holland schreibt man den Rufnamen normalerweise auch in die Geburtsurkunde, doch haben das meine Eltern vergessen. Beim ersten internationalen Start war ich dann als Sara genannt, obwohl im Pass Marita steht. Deswegen wurden mir damals die Punkte abgezogen“, erklärt sie im perfekten Salzburgerisch, obwohl sie die Sprache erst im Volksschulalter erlernte.

Ihre Erfolge werden aber auch in den Niederlanden (Kramer erblickte in Apeldoorn das Licht der Welt) wahrgenommen: „In Holland sehen sie es ein bisschen so, dass ich für sie springe. Das finde ich cool. Aber ich habe immer gesagt, dass ich für Österreich springe – und das wird auch so bleiben. Trotzdem fühle ich mich ein bisschen niederländisch. Dort bin ich geboren und dort sind meine Wurzeln. Und wenn ich nach Holland fahre, fühle ich mich sehr wohl. Zu Hause sprechen wir auch nur holländisch.“
Für Österreich wird Kramer auch heute neben Daniela Iraschko-Stolz, Stefan Kraft und Michael Hayböck im Mixed-Bewerb wieder abheben. Los geht’s in Oberstdorf um 17 Uhr.