"Als Topsprinter willst du unbedingt gewinnen – aber nicht so!" Rene Haselbacher hat als Berufsradfahrer zahlreiche Sprintankünfte erlebt und auch den Asphalt "geküsst". Aber so etwas wie beim Horrorsturz von Fabio Jakobsen im Finale der ersten Etappe der Polen-Rrundfahrt ist für den Burgenländer "Wahnsinn": "Das war schockierend, wie Jakobsen in die Bande eingeschlagen ist."

Für den ehemaligen Geroldsteiner- und Astana-Profi Haselbacher war die Aktion von Dylan Groenewegen mutwillig. Der niederländische Landsmann hatte Jakobsen zuerst den Weg versperrt und ihn dann mit dem Ellenbogen in die Bande gedrängt. "Von vorne hat es noch so ausgesehen, als Jakobsen hinter ihm wäre, aber sie waren ja schon auf gleicher Höhe. Klar will man im Sprint keinen Millimeter herschenken, aber Groenewegen gehört gesperrt." Dass Sprinter im Rahmen der Regeln ihren Konkurrenten den Weg absperren sei normal, sagt Haselbacher, und das ginge in 95 Prozent der Fälle auch gut. "Aber so eine Aktion mit dem Ellenbogen ist absolut verboten." Gerade die Ankunft in Kattowitz gilt durch das enorm hohe Tempo als eine der gefährlichsten Zielankünfte der Welt.

Dass Groenewegen den herannahenden Jakobsen eventuell nicht gesehen hat, hält Haselbacher für vollkommen ausgeschlossen. "Als Sprinter spürst du das, wenn einer herankommt. Und im Sprint geht der Blick oft hinunter in Richtung Tretlager - da siehst du das Vorderrad des Kontrahenten." Zu leichten Reibereien kommt es während der Positionskämpfe auf den letzten Kilometern vor der Sprintankunft immer wieder. "Aber nicht in so einer Intensität." Unter den Profis spricht man da vom "Rummelboxen".

Auch Haselbacher hat die ein oder andere heikle Situation erlebt. "Sprinter sind harte Burschen und du musst dich oft durchboxen. Aber alles eben mit Manieren. Erik Zabel war einer, der sich mit einer unglaublichen Eleganz durchgeboxt hat. Andere sind brutaler. Ein Sprint ist immer eine Extremsituation und da hast du keine Zeit mehr, nachzudenken. Das ist Instinkt." Haselbacher hat sich die Situation mit seinem Sohn mehrfach angesehen und darüber mit ihm gesprochen: "Ich hoffe, dass die UCI (Anm. Weltverband) hier hart durchgreift und auch den Kindern damit zeigt, dass so ein Verhalten nicht in Ordnung ist."

Zudem wirft Haselbacher noch eine Frage auf: "Abgesehen von dem unentschuldbaren Verhalten von Groenewegen: Warum ist die Absperrung aufgegangen? Hätte sie gehalten, wäre Jakobsen vielleicht der Bande entlang gerutscht und es wäre glimpflicher verlaufen."

2003 erwischte es Haselbacher selbst bei der Tour de France: