Die Erleichterung darüber, dass Romain Grosjean seinen Horror-Unfall letzten Sonntag mit relativ leichten Verletzungen überstand, war natürlich speziell bei seinen Fahrerkollegen groß. Trotzdem stellten die auch kritische Fragen, wollten Antworten speziell in zwei Punkten. Sebastian Vettel fasste zusammen: „Die Leitplanke hätte nicht nachgeben und sich öffnen dürfen und das Auto sollte auch nicht so in Flammen aufgehen. Es wurden viele Maßnahmen getroffen, damit es nicht Feuer fängt, von daher weiß ich nicht, was da passiert ist.“

Jetzt hat die FIA eine offizielle Untersuchung eingeleitet, in der es natürlich auch um diese Schwerpunkte geht, in der aber auch alle anderen Sicherheitsmaßnahmen von Cockpitschutz, HANS-System, interne Feuerlöscher bis zur Struktur der Sicherheitszelle und den Aktionen der Rettungskräfte im Detail unter die Lupe genommen werden sollen. Dazu sammelt man vor allem alle verfügbaren Daten, speziell aus den verschiedenen Video-Streams. So gibt es unter anderem eine Zeitlupen-Cockpit-Kamera, die auf den Fahrer gerichtet ist und mit 400 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet hat, was genau während des Unfalls passierte.

In sechs bis acht Wochen sollen Ergebnisse vorliegen und dann auch der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme wurde freilich schon für dieses Rennwochenende eingeführt, das ja auf der gleichen Strecke, wenn auch mit einem veränderten, verkürzten Layout mit mehr Geraden, stattfindet: Die Leitplanke an der Unfallstelle zwischen den Kurven drei und vier wird einer Reihe Reifenstapeln zusätzlich abgesichert. Grundsätzlich kommen heute an vielen Rennstrecken ja auch speziell entwickelte Kunststoff-Elemente, die sogenannten TecPro-Barrieren, zum Einsatz. Allerdings – aus Kostengründen – meist nur in Kurven oder Bremszonen, die als kritisch gelten. Und nicht wie an dieser Stelle in Bahrain entlang einer Geraden.

In Sachen Feuergefahr gibt es freilich keine schnellen Patentlösungen. Der ehemalige F1-Konstrukteur Gary Anderson erklärte ja schon nach dem Unfall: „Dadurch, dass der gesamte hintere Teil abgetrennt wurde, wurden die eigentlich schützenden Crashstrukturen aufgerissen, die Tankblase lag völlig frei. Dazu kommt, dass sich in dieser Region des Autos auch noch die unter Hochspannung stehenden Batterien befinden – das ist natürlich eine extrem kritische Mischung.“

Wobei wahrscheinlich der Tank gar nicht wirklich zerstört wurde: „Die Tankzelle ist unglaublich stark konstruiert, ich vermute, das Feuer kam von einer gerissenen Verbindung“, sagt F1-Sportchef Ross Brawn. „Es war ein überraschend großes Feuer, aber diese Autos haben mehr als 100 kg Sprit an Bord und wenn sich diese entzündet hätten, dann hätten wir meines Erachtens ein noch sehr viel größeres Flammenmeer gesehen. Für mich sah das nach einem Feuer aus, das von einigen Litern Benzin verursacht wurde, und nicht von 100 kg Sprit.“

Währenddessen versucht Romain Grosjean alles, um zumindest beim WM-Finale von Abu Dhabi in einer Woche wieder im Auto zu sitzen. Das größte Problem derzeit ist die linke Hand. Die ist am stärksten verbrannt, „außerdem habe ich mir den linken Daumen verknackst, möglicherweise ist auch das Gelenkband beschädigt, vor allem jedoch ist die Hand noch immer stark geschwollen, und diese Schwellung muss zuerst abklingen. Die Schmerzen sind nicht so schlimm, ich nehme ein leichtes Schmerzmittel. Ich kann die Finger bewegen und auch eine Faust machen, der kleine Finger ist noch entzündet und dick einbandagiert.“

Ein mögliches Comeback wäre für den Franzosen, der ja für 2021 kein Formel-1-Cockpit mehr hat, vor allem psychologisch wichtig: „Ich will nicht, dass meine Geschichte im GP-Sport so zu Ende geht. Und ich muss wissen, wie ich mich fühle, wenn ich wieder in den Rennwagen steige – ob ich das noch immer kann“

Sollte das nicht klappen, stünde Mick Schumacher, seit Mittwoch ja offiziell Stammfahrer bei Haas für 2021, für ein vorzeitiges GP-Debüt bereit: „Ich hätte drei freie Trainings, um mich an den Wagen zu gewöhnen. Natürlich wäre es eine gewaltige Herausforderung, aber es wäre für meine Lernphase gewiss förderlich, wenn ich mit der Arbeit schon früher beginnen könnte.“ Große Hektik würde dadurch für Haas nicht aufkommen. Da Schumacher ja sowieso das erste freie Training in Abu Dhabi bestreiten soll, sind Dinge wie ein neuer Sitz und Cockpit-Anpassung sowieso schon längst erledigt.