Mit der Saison 2021/22 sind in den Fußball-Stadien in Österreich wieder Besucher zugelassen. In der ersten drei Runden strömten insgesamt über 122.000 Fans in die Arenen. Für österreichische Verhältnisse eine passable Anzahl. Mit den Zuschauern kommen die Emotionen zurück. Die Spieler müssen sich mit positiver als auch negativer Energie von der Tribüne kommend auseinandersetzen. Die ruhige, Covid-bedingte Zeit ist vorbei.

Hat die wiedergewonnene Atmosphäre in den Stadien Auswirkungen auf die Spieler. Und wenn ja, welche? „Normalerweise ist es so, dass Fans die Leistung der Spieler beflügeln. Aber es gibt die sogenannten Trainings-Weltmeister. Die bieten in den Trainingseinheiten super Leistungen, abseits der Aufmerksamkeit und abseits jeglichen Drucks von außen. Das war aber immer schon so“, erklärt Roman Mählich, Fußball-Experte und diplomierter Mentaltrainer. Wie stark die Spieler den Einfluss durch Fans wahrnehmen, „kann man nur in Einzelgesprächen herausfinden“, sagt Mählich und erklärt weiter: „Sollte ein Spieler Probleme haben, gibt es genügend Formate, die helfen könnten.“

Die Akzeptanz eines Mentaltrainers ist im Fußball mittlerweile höher als noch vor einigen Jahren. Grund dafür sind die Akademien. Die Spieler wachsen mit dem Angebot einer mentalen Betreuung auf. Trotzdem sagt Mählich: „Ich denke, wir stehen in Österreich noch am Anfang der Entwicklung. Sturm arbeitet etwa mit einem Mentalbetreuer zusammen. Und ich weiß von Salzburg, dass sie das im Programm haben. Es gibt mittlerweile schon Klubs, die auf eine mentale Betreuung setzen.“

Verhaltensmuster ändern

Mählich selbst hat in seiner aktiven Zeit schon visualisiert, er erzählt: „Ich habe mir zwei, drei Tage vor einem Spiel schon Gedanken über mögliche Situationen im Spiel gemacht. Auf welchen Gegenspieler treffe ich und wie kann ich eine Situation lösen.“ Das war auch schon eine Form von mentalem Training, ohne es zu wissen.

„Im mentalen Training geht es nur darum, dass du deine beste Leistung abrufst, wenn es darauf ankommt. Nicht vorher und nicht nachher“, sagt der 49-Jährige erklärt: „Du kannst mental auch an Trainingsabläufen trainieren.“ In Prozent könne man eine Leistungssteigerung nur schwer. Dass es hilft, davon ist Mählich überzeugt. Von Mentaltrainings in der Gruppe hält der Wiener wenig. Jeder Mensch ist individuell und brauche daher individuelle Betreuung. Im Mannschaftssport sei es sinnvoll, einen Mentaltrainer zu haben, der das Gesamte im Blick hat. Voraussetzung sei die Freiwilligkeit der Sportler und die Vertrauensbasis zum Mentaltrainer.

Warum versagen die Trainings-Weltmeister dann im Wettkampf und vor Publikum? „Wenn jemand Angst vor Kritik hat oder Hemmungen im Wettkampf, dann drückt er etwas damit aus. Man müsste dann sein Verhaltensmuster ändern“, sagt Mählich. Es ist möglich, dass der eine oder andere Fußballer sich wieder an Zuschauer gewöhnen muss. Genau sagen könne man es, wenn man sich die Daten der Spieler vergleicht. Was waren imstande zu leisten ohne Publikum und was sind jetzt imstande zu leisten. Denn ein mentaler Einfluss wirkt sich auch auf die körperliche Leistungsstärke aus. Mählich: „Die Goldmedaillengewinner Anna Kiesenhofer hat in einem Interview gesagt, dass sie an positive Dinge gedacht hat und Leute, die sie liebt. Natürlich beeinflussen Gedanken den Körper.“ Also positiv bleiben.