Gut neun Monate vor der Heim-EM soll der 36-Jährige als Nachfolger von Hansi Flick die Mannschaft wieder auf Kurs bringen. Nagelsmann, der während einer Länderspielpause im März etwas überraschend von Bayern München freigestellt wurde, galt als Wunschkandidat.

Jedoch musste sein noch bis 2026 laufender Vertrag beim deutschen Rekordmeister erst aufgelöst werden. Sein Engagement beim DFB ist vorerst bis nach der EM datiert. "Ich habe mich auf mein Bauchgefühl verlassen, es gab keinen Moment des Zweifelns. Es ist wichtig, sich auch in einem Job, der sehr viele Emotionen freisetzt, von den Emotionen leiten zu lassen", sagte Nagelsmann.

Er erinnerte an die anstehende Europameisterschaft im eigenen Land. "Das ist etwas Besonderes - etwas, das alle paar Jahrzehnte mal vorkommt. Dieser Tatsache, ein großartiges Turnier in einem großartigen Land zu haben, ordne ich alles unter. Ich habe große Lust, diese Herausforderung anzunehmen." Eine Fortsetzung des Engagements auch darüber hinaus wollte Nagelsmann nicht ausschließen. "Wenn wir im Sommer dasitzen und sagen: Es war sehr erfolgreich, es hat diese Punkte erfüllt: Erfolg, gewisse Freude, befruchtend für beide Seiten - dann ist von meiner Seite da auch nichts ausgeschlossen."

Der frühere Nationalstürmer Sandro Wagner und Benjamin Glück werden ihn als Co-Trainer unterstützen. Sein Debüt wird Nagelsmann auf der US-Tour im Oktober geben. Dort trifft die DFB-Auswahl am 14. Oktober auf die USA und am 18. Oktober auf Mexiko. Am 21. November dann macht Deutschland für ein freundschaftliches Länderspiel gegen das ÖFB-Team in Wien Station.

Ilkay Gündogan bleibt laut Nagelsmann Kapitän, in Sachen Manuel Neuer spielt der Coach auf Zeit. Er wolle dem Torhüter des FC Bayern vor einer Bewertung die nötige Zeit geben, gesund zu werden und seine 100-prozentige Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen. Aktuell ist Marc-Andre ter Stegen vom FC Barcelona die deutsche Nummer eins.

"Julian Nagelsmann wird mit seinen Qualitäten und seiner Persönlichkeit an entscheidender Stelle dazu beitragen, dass wir alle gemeinsam im Sommer eine tolle Europameisterschaft im eigenen Land erleben werden", sagte Rudi Völler, der nach dem Flick-Aus und einem eigenen Interimseinsatz als Sportdirektor maßgeblich mit der Suche eines Nachfolgers beauftragt war.

Seine Trainerkarriere auf größerer Bühne startete Nagelsmann im Februar 2016 bei Hoffenheim. Mit damals 28 Jahren wurde er zum jüngsten Cheftrainer der Bundesliga-Geschichte. Er führte das abstiegsbedrohte Team erst zum Klassenerhalt und zwei Jahre später sogar in die Champions League. In dieser trat er ab 2019 auch mit RB Leipzig an und erreichte das Halbfinale. Nach diesen Erfolgen kam der Ruf aus München, die Bayern überwiesen rund 20 Millionen Ablöse an Leipzig.

Für Nagelsmann ist es ein kleines Déjà-vu, denn bereits 2021 hatte er Flick beerbt. Dieser wechselte damals von Bayern München zum DFB, hatte im neuen Amt allerdings wenig Erfolge vorzuweisen. Bei der WM in Katar scheiterte Deutschland bereits in der Gruppenphase, die Reißleine zog man aber erst am 10. September, nachdem das Team erstmals seit 40 Jahren drei Partien in Folge verloren hatte.