Sie hatten eine beeindruckende, große Eishockey-Karriere in der NHL, das Ende war aber beinahe ein stilles. Warum?
THOMAS VANEK: Ich wollte auch still aufhören. Nicht falsch verstehen: Ich bin unglaublich stolz und froh, meinen Traum, in der NHL zu spielen, viel länger ausgelebt habe, als ich es je gedacht habe. Aber ich wollte solche Interview wie jetzt gerade an sich nicht geben.

Warum denn nicht?
VANEK: Weil ich mich nicht als Helden sehe. Ich habe einfach nur gemacht, was ich geliebt habe.

Warum haben Sie denn den Schlussstrich gezogen?
VANEK: Ich habe es schon gespürt, über die letzten Jahre. Nicht falsch verstehen: Ich könnte noch zwei, drei Saisonen auf sehr hohem Niveau spielen. Aber meine Burschen (Blake (12) und die Zwillinge Luka Robert und Kade Ashton (9), Anm.) werden immer älter – und ich verpasse unheimlich viel. Ich habe gemerkt, dass mir meine Familie viel wichtiger für mich ist als meine eigenen Wünsche.

Wie zum Beispiel?
VANEK: Den Stanley Cup zu gewinnen. Als Spieler wird sich das jetzt wohl nicht mehr ausgehen ... Vielleicht funktioniert es ja in anderer Funktion. Woran ich aber denken musste: Als ich so alt war wie meine Söhne, in Zell und in Graz, da waren meine Eltern immer dabei, wenn ich gespielt habe. Das sollen meine Söhne auch so erleben. Heuer bin ich ja Trainer aller drei.

Wann fiel die Entscheidung, nicht mehr selbst zu spielen?
VANEK: Ich habe es schon im Sommer gespürt – obwohl ich super trainiert habe. Es kam der August, es kamen Angebote, aber es hat sich nie richtig angefühlt, zu unterschreiben. Und meine Kids fanden es cool, dass ich da war. Im September, als es neue Angebote gab, habe ich meinem Agenten Steve Bartlett gesagt, dass das Gefühl noch immer nicht passt. Es wurde Weihnachten und ich konnte mir noch immer nicht vorstellen, meine Sachen zu packen und schnell wegzufliegen.

Und dann kam das Ende der Transferzeit. Und Sie haben . . .?
VANEK: Ich habe meinem Agenten vier, fünf Tage vor dem Ende der Frist eine Liste mit Teams gegeben. Wenn sich eines davon meldet, spiele ich, habe ich gesagt. Es haben zwei andere angefragt, bei einem habe ich dann wirklich überlegt. Aber mein Sohn spielt – ab heute übrigens – Play-offs. Das ist mir wichtiger. Als ich das sagte, war die Erleichterung in mir richtig spürbar.

Keine Wehmut?
VANEK: Natürlich, ein wenig. Ich spüre immer noch das Adrenalin. Schwieriger wäre es, wenn ich noch spielen wollen würde und keine Angebote da wären. Aber das Interesse war da, das macht mich stolz.

Der neue Plan ist, General Manager zu werden?
VANEK: Ja, stimmt. Aber ich bin Realist: Da gibt es keinen schnellen Weg, das braucht zehn, fünfzehn Jahre, man muss unten anfangen und sich in die NHL hocharbeiten. Aber ich habe mir in den letzten Saisonen viele Notizen gemacht, ich habe einen Plan, was man machen kann, ändern kann.

Trainer ist keine Option?
VANEK: Na ja, ich war in den letzten Saisonen oft im Trainer-Büro, weil sie mich um Rat fragten. Einige sagten: Wenn du aufhörst, kannst du sofort mein Co-Trainer werden! Aber dann wäre ich wieder so viel unterwegs, das will ich nicht. Vielleicht, wenn die Kinder älter sind.

Was waren die schönsten Momente ihrer Karriere?
VANEK: Ich war dreimal im Halbfinale um den Cup – und wir hätten immer gewinnen können. Mit Buffalo waren wir damals wirklich die beste Mannschaft, aber die gewinnt eben nicht immer.

Sondern?
VANEK: Wie gesagt, mit Buffalo waren wir das beste Team, aber für vier Siege im Play-off braucht es mehr. Es kommen Verletzungen dazu, es läuft anders. Mit Montreal waren wir nicht die beste Mannschaft, aber wir haben zur richtigen Zeit das beste Hockey gespielt. Und wir hatten mir Corey Price den weltbesten Torhüter. Der verletzt sich dann in Runde zwei der Play-offs. Und plötzlich war alles anders. Hätten wir mit ihm den Cup geholt? Keine Ahnung. Wäre unsere Chance größer gewesen? Mit Sicherheit. 

Worauf blicken Sie zurück? Tore? Erfolge?
VANEK: Ich war immer einer, der seine Mitspieler besser machen wollte. Ich kann mich kaum an Tore erinnern, habe mich sogar mehr gefreut, wenn ich einen guten Pass gegeben habe. Woran ich mich erinnere? An Tore im Halbfinale und Finale der College-Liga. Da haben wir dann aber auch die Trophäe gewonnen. In der NHL ist mir das nie gelungen. Und klar, ich hätte sicher mehr Tore schießen können.

Was war Ihre Stärke?
VANEK: Das war wohl meine Art, das Spiel zu denken – anders als die anderen. Ich war nie der Schnellste, nie der Härteste – aber ich konnte zwei Spielzüge vorausdenken, wenn ich den Puck hatte.

Und was die Schwächen?
VANEK: Man kann immer sagen, das hätte ich besser machen können. Und ja, manche meinten, ich hätte auf dem Eis mitunter lethargisch gewirkt. Das hat aber eher damit zu tun, wie ich das Spiel gedacht habe. Und so schaue ich nicht zurück. Ich habe Fehler gemacht, einige sogar. Aber für mich zählt das: Ich versuche immer, aus meinen Fehlern zu lernen und am nächsten Tag ein besserer Mensch zu werden.

Man sagt, es lag Ihnen immer am Herzen, Österreicher zu bleiben. Stimmt das?
VANEK: Ja! Ich war immer stolz, die Fahne zu sehen. Und ich habe immer alles verfolgt: die Siege von Hirscher, die von Thiem. Da kommt man als kleiner Österreicher in die Kabine und sagt: Habt ihr alle gesehen? Österreich hat schon wieder gewonnen. Ich habe jeden österreichischen Sieg gefeiert. Ich freue mich, mit meinen Kindern im Sommer durch das schöne Land zu touren.