„Die Finnen sind uns damals schwindlig gefahren, wir haben Kreislauftabletten gebraucht. Und wir mussten irgendwie für Pausen sorgen, damit unser Goalie Michi Puschacher wieder kurz durchatmen konnte“, erinnert sich Dieter Kalt. Vor exakt 30 Jahren hatte Österreich seinen letzten Auftritt bei einer A-WM in Stockholm. Auch wenn es zum Teil herbe Abfuhren (2:5 gegen USA, 2:5 gegen Tschechien, 0:5 gegen Schweden, 2:7 gegen Finnland, 3:5 gegen Norwegen) setzte, war es schlussendlich ein erfolgreiches Turnier. Mit einem 4:0 (in Gävle) und einem 4:4 über die Schweiz packte die Truppe um Trainer Ken Tyler den Klassenerhalt, um dann ein Jahr später die Heim-WM in Wien zu bestreiten.

Vieles hat sich seitdem geändert. Österreich hat weder den politischen Einfluss im internationalen Eishockey-Verband (IIHF), noch können die infrastrukturellen Standards (bspw. Fassungsvermögen) erfüllt werden, jemals wieder eine Eishockey-A-WM auszutragen. Andererseits hat sich einiges verbessert: Sportlich gesehen haben die jüngsten Auftritte in Stockholm gezeigt, dass die ÖEHV-Auswahl selbst große Nationen in arge Bedrängnis bringen kann (1:2 gegen Finnland, 2:4 gegen Schweden, 3:2 gegen Slowakei). „Wir hatten schon auch die eine oder andere guten Partien gegen die Großen. Aber da haben wir keineswegs mitgespielt, das ist einfach irgendwie passiert“, gesteht Kalt schmunzelnd.

WM-Spezial Folge 3: „Lauschangriff und weißer Rauch“

Der Niveauunterschied habe nicht nur mit dem Gegner bestanden. Auch innerhalb des Nationalteams war das Gefälle groß. Einige Spieler wie Kalt, Herbert Hohenberger, Martin Ulrich oder Gerhard Unterluggauer schlugen internationale Karrierewege ein. Andere blieben in der heimischen Liga: „Wir konnten uns bei A-WMs maximal auf zwei Spiele konzentrieren, bei allem anderen lautete die Devise ‚Heil rauskommen, Kräfte schonen‘. Das war sozusagen unsere mentale Herangehensweise. Aber wenn ich mir das jetzt ansehe: Die Spielweise hat sich massiv verändert. Österreich hat sich zwar nicht etwa unter den Top Acht etabliert oder dominiert die Spiele. Aber sie haben die Einstellung, dass sie jetzt einfach jede Partie gewinnen wollen“, zollt der frühere Stürmer, der später ins ÖEHV-Jahrhundertteam gewählt worden ist, Respekt.

Tore waren Mangelware

Zurück ins Jahr 1995: Der Sieg und das Remis gegen die Schweiz, das Österreich genügte, sei nicht überraschend gewesen. „Wir haben in diesen Jahren eigentlich immer die wichtigen Partien gegen die Eidgenossen gewonnen. Bei Qualifikations-Partien oder Abstiegskämpfen. Aber dann ist irgendetwas passiert. Oder auch nicht – wie man es sehen will. Bei den Schweizern jedenfalls mehr, bei uns weniger“, so Kalt, dessen WM-Auftritte als 20-Jähriger mit vier Treffern für Aufsehen sorgten. Es sollte einer der entscheidenden Beschleuniger werden. „Ich hatte ein gutes Turnier und in Stockholm begonnen, Tore auf höchstem Niveau zu schießen. Das war zum damaligen Zeitpunkt bei A-Turnieren ja noch eher Mangelware. Österreich lieferte eher Abwehrschlachten.“

Ein großes Kompliment erhielt Kalt, der 1996 nach Mannheim wechselte, damals von Bengt-Ake Gustafsson: „Wir haben uns in Stockholm getroffen und er meinte: Dieter, du solltest eigentlich bei den Schweden spielen. Vielleicht kreuzen sich ja irgendwann unsere Wege und du spielst hier.“ 2001 kam es dann tatsächlich zum Wiedersehen. Gustafsson holte als Färjestads-Headcoach den Klagenfurter in den hohen Norden, wo die Mannschaft auf Anhieb schwedischer Meister wurde.

Speckjause im Hotel

An insgesamt 13 A-Weltmeisterschaften nahm Kalt teil. „Ich habe die Spiele im Nationalteam geliebt. Weil wir so eine Gaude hatten“, erinnert er sich und ergänzt schmunzelnd: „Wir hatten so viele unterschiedliche Charaktere. Ich war hauptsächlich aufs Eishockey fokussiert. Aber andere eben nicht. Wir haben Tränen gelacht.“ Abends traf man sich in einem Hotelzimmer, Speck wurde aufgeschnitten. Vom Zeugwart bis zum Präsidenten waren alle dabei. Für Stimmung sorgten dabei Manfred „Hidi“ Mühr, Martin „Tine“ Krainz, Christian Perthaler, Herbert Hohenberger oder Martin Ulrich und später Oliver Setzinger oder Philipp Lukas. Kalt: „Mit ihnen war es einfach brutal witzig.“

Die damals relativ neue, moderne Eishalle Globen firmiert jetzt unter „Avicii-Arena“, ist sichtlich in die Jahre gekommen. So vieles sich rundherum auch ändern mag: Der Spaß in der Eishockey-Kabine bleibt. Und vielleicht, dass Stockholm für Österreich ein guter Boden bleibt.