10. Mai 2016 in Kärnten: Der damals 52-jährige deutsche Lutz H. wartet in einem Gasthaus im kleinen Ort Gmünd auf sein Essen. Plötzlich stürmt die Cobra das Lokal. Insgesamt sind rund 50 Beamte aus Österreich und Deutschland an diesem Großeinsatz beteiligt. Lutz H. lässt sich widerstandslos festnehmen. Es stellt sich heraus, dass dem Einsatz monatelange Ermittlungen vorausgegangen sind. Denn Lutz H. wird eines Mordes verdächtigt, der in Deutschland drei Jahre zuvor für Aufsehen gesorgt hat.

Was war geschehen? Am 7. September 2013 kam es zu einem Mord in Hanau, der als "Mord in der Gallienstraße" bekannt wurde: Kurz vor Mitternacht läutet es an der Tür von Jürgen V. Der vierfache Familienvater geht zum Eingang, doch noch bevor er öffnet, fallen vier Schüsse durch das Milchglas der Türe. Drei davon treffen ihn, wenig später stirbt Jürgen V. im Krankenhaus.

Der Mordfall sorgt deutschlandweit für Schlagzeilen, da das Opfer einer sehr bekannten Unternehmerfamilie angehört. In dem Umfeld der Familie vermuten die Ermittler auch bald das Motiv für die Bluttat, genauer gesagt einen Erbschaftsstreit zwischen Lutz H. und seiner Schwester – der Frau von Jürgen V.

Erbschaftsstreit als Motiv

Lutz H. hatte sich geweigert, seiner Schwester 40.000 Euro aus dem gemeinsamen Erbe zu zahlen, diese wollte deswegen vor Gericht gehen. Lutz H. vermutete ihren Ehemann – Jürgen V. – hinter diesen Bemühungen und als Ursache des Streits. Die erste Gerichtsverhandlung hätte wenige Tage nach dem Mord stattfinden sollen. H. gilt als Hauptverdächtiger und wird festgenommen. Allerdings wird er wenig später aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen.

Unbehelligtes Leben in Kärnten wird H. zum Verhängnis

Kurz nach dem Mord zieht der noch immer verdächtige Lutz H. mit seiner Lebensgefährtin Banu D. und ihren zwei kleinen Kindern nach Oberkärnten. Dort führt die Familie ein unauffälliges Leben. Drei Jahre lang. Man nimmt am Ortsleben teil und schließt Freundschaften in der neuen Heimat. Doch zwei vermeintliche Freunde sind verdeckte Ermittler, die über Monate eine Beziehung zu H. aufbauen, um einen Mordverdächtigen zu überführen.

Eine Waffe dieser Bauart wurde für den Mord verwendet. Lutz H. verkaufte die Tatwaffe an vermeintliche Freunde, die in Wirklichkeit verdeckt ermittelten
Eine Waffe dieser Bauart wurde für den Mord verwendet. Lutz H. verkaufte die Tatwaffe an vermeintliche Freunde, die in Wirklichkeit verdeckt ermittelten © stock.adobe.com

Dann der Durchbruch, als H. – ein Waffennarr – vor den verdeckten Ermittlern mit einer "FF Browning" prahlt. Das ist eine alte Pistole, deren Kaliber zum Mord in Hanau passt. Die Ermittler kaufen ihm die Waffe ab, es wird festgestellt, dass es sich tatsächlich um die Tatwaffe handelt.

So kommt es zur eingangs erwähnten Festnahme und anschließend zum Prozess in Deutschland. In wortreichen Aussagen gibt Banu D. (sie war damals 30) ihrem Lebensgefährten ein Alibi. Doch sie verstrickt sich immer weiter in Widersprüche. So sehr, dass ihre Rolle in dem Fall genauer beleuchtet wird. Neue Beweise ergeben schließlich, dass sie selbst zur Tatzeit am Tatort gewesen ist. Banu D. wird noch im Gerichtssaal wegen Mordverdachts verhaftet. Letztendlich wird sie für den Mord verurteilt und erhält lebenslange Haft. Lutz H. wird wegen Beihilfe zu neun Jahren Haft verurteilt. 

Kärnten-Redakteur Jochen Habich (links) spricht mit delikt-Host David Knes über den deutschen Mordfall, der drei Jahre nach der Tat in Kärnten hohe Wellen schlug
Kärnten-Redakteur Jochen Habich (links) spricht mit delikt-Host David Knes über den deutschen Mordfall, der drei Jahre nach der Tat in Kärnten hohe Wellen schlug © Thomas Cik